Bauerngejammer in Brandenburg – Wolfsmonitor

Bauerngejammer in Brandenburg

Der Bauernbund Brandenburg, oder besser sein Präsident Karsten Jennerjahn, hat sich mit einem Schreiben an den Agrarminister Jörg Vogelsänger gewandt. Darin fordert er die mittelfristige Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht, die kurzfristige Verabschiedung einer Verordnung zur „unkomplizierten Entnahme“ von Wölfen sowie die Einrichtung von Wolfschutzgebieten. Das meldete gestern die Internetplattform „topagrar-online“ (*1).
Jennerjahn begründet seine Forderungen mit einer Kosten- Nutzen-Abschätzung, welche die Weidetierhaltung im Vergleich zu intensiveren Tierhaltungsformen zunehmend unattraktiv erscheinen lässt. Auch vergisst er nicht, an die mögliche Übertragung der Tollwut und die denkbare Gefahr für die Menschen durch Wölfe zu erinnern.

Kommentar


Bauernbund Brandenburg, ist das nicht…? Ja richtig, das ist der Verband, dessen Geschäftsführer Reinhard Jung noch vor wenigen Wochen auf eine Frage zum Wolf mit der Aussage „Schießen, einfach schießen“ von sich reden machte (*2). Und nun also äußert sich sein Chef, der Präsident des Bauernbundes.

Interessant ist dabei das Selbstverständnis dieses Verbandes. „Wolfsmanagement heißt nach unserem Verständnis Regulierung eines Raubtieres und nicht Ruhigstellung der betroffenen Weidetierhalter mit Ideologie und Almosen“, wird Jennerjahn zitiert.


Regulierung, Aufnahme in das Jagdrecht sowie „unkomplizierte Entnahme“, diesen Dreiklang hört man in letzter Zeit immer öfter aus Richtung einiger Verbände.

Wird Minister Vogelsänger sich davon beeindrucken lassen. Wohl kaum, steckt er doch in einer vergleichbaren Situation wie sein Kollege Stefan Wenzel in Niedersachsen. Der hatte zuletzt im Zusammenhang mit einer vermeintlich „rissauffälligen Wölfin“ in den Landkreisen Diepholz und Vechta festgestellt: „Zugleich muss sich aber auch die Gesellschaft darauf verlassen können, dass ein Ministerium und seine Behörden im Umgang mit dem streng unter Artenschutz stehenden Wolf auf die Einhaltung von Recht und Gesetz achten.“(*3).

Insofern ist das Schreiben des Bauernpräsidenten als vorgezogener Weihnachtsgruß der Gattung „Verweigerungshaltung“ zu werten. Leider wird Teilen der Landbevölkerung so suggeriert, dass die Rückkehr der Wölfe entgegen aller EU-Vorgaben tatsächlich verzögert oder zumindest beschränkt werden kann. Wie anders ist die verspätete Forderung des Präsidenten nach Wolfschutzgebieten zu verstehen? Fachleute haben sich bereits mehrfach zu dieser Idee geäußert und sie für in Deutschland nicht durchführbar bewertet.

Leider wird durch solcherlei Polemik, wie sie der Bauernpräsident leichtfertig betreibt, die Gefahr nicht geringer, dass sich manche Tierhalter weiterhin mit der Durchführung von Wolfsschutzmaßnahmen zurückhalten. Das könnte die Nutztierschäden in Brandenburg am Ende unnötig vergrößern. Ein Eigent(h)or?

Viel zu häufig – so mein Eindruck – sehen sich Verbände in der Pflicht, Risiken zu betonen anstatt den Blick auf die Chancen zu richten. Besser wäre es, der Bauernbund Brandenburg – und nicht nur dieser – würde sich einmal konstruktiv in Richtung des wirksamen Weidetierschutzes an der Diskussion beteiligen und mit zukunftsfähigen Vorschlägen von sich reden machen. Sich mit Forderungen aufzureiben, die den tatsächlichen Einflussbereich dieser Verbände bei weitem übersteigen und in Teilen dazu noch an den falschen Adressaten gerichtet sind, dürfte am Ende wenig ergiebig sein.

In Montana in den Vereinigten Staaten wurde von findigen Nutztierhaltern das Label „Beutegreiferfreundliches Fleisch“ erfunden. Dieses Zertifikat gibt den Käufern zu erkennen, dass die Nutztierhalter in den Wolfsgebieten die Anwesenheit der Beutegreifer akzeptieren und ihre Nutztiere artgerecht schützen. Ein voller Erfolg! Das Fleisch lässt sich – so die Wolfsexpertin Elli H.Radinger(*4) – zu Höchstpreisen verkaufen.


Anstatt die Kräfte beim aussichtslosen Kampf gegen die langsam mahlenden Bürokratiemühlen der EU zu verschleißen, sollten die betroffenen Verbände sich einmal näher mit den Chancen beschäftigen, die durch die Wolfsrückkehr entstehen. Das dürften sie ihren Mitgliedern schuldig sein.

Herzlichst

Ihr

Jürgen Vogler


Quellen:
(*1) topagrar-online am 2.12.2015, Artikel von Alfons Deter: „Jennerjahn: Wolf muss ins Jagdrecht“, abgerufen am 3.12.2015, hier der Link!

(*2) Artikel: Schießen? Sofort schießen? auf Wolfsmonitor, hier der Link!

(*3) Agrar-Presseportal am 2.12.2015, www.agrar-presseportal.de: „Umweltminister Stefan Wenzel nach Treffen mit Verbandsvertretern der Schafhalter: Zusammenarbeit beim Wolfsmanagement intensivieren – Herdenschutz erweitern – Nutztierhalter bestmöglich unterstützen“, abgerufen am 3.12.2015, hier der Link!

(*4) Elli H. Radinger: „Wolfsangriffe – Fakt oder Fiktion“, 2. Auflage 2013, Seite 108, hier der Link zu weiteren Informationen!