Einsichten – Seite 6 – Wolfsmonitor

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Prof. Dr. Dmitrij. I. Bibikow: Die Gefährlichkeit des Wolfs gegenüber dem Menschen

„Was sagt nun die Praxis über die Gefährlichkeit des Wolfs gegenüber dem Menschen? Wird die potentielle Aggression einzelner Wölfe gegenüber dem Menschen realisiert? Daß tollwütige Wölfe wie auch andere tollwütige Füchse, Hunde usw. bei Kontakt mit dem Menschen eine Gefahr darstellen, ist unbestritten. Aber wie ist es nun mit gesunden Wölfen, greifen sie Menschen an?

Diese Frage hat in jüngster Vergangenheit Pavlov (1962, 1982) behandelt, der in diesem Zusammenhang die Diskussion bekannter Jagdwissenschaftler über die Gefährlichkeit des Wolfs für den Menschen aus den 30er Jahren darstellt. Der große Wolfskenner Kaverznev (1933) schrieb: „Ich muss sagen, daß vor der Revolution in jedem Winter in den Zeitungen über Angriffe auf Menschen und Tötungen von Menschen durch Wölfe berichtet wurde.

Josef H. Reichholf: Jagd auf wandernde Arten unvertretbar!

„…Ganz anders verhält es sich jedoch bei weiträumig wandernden Arten und bei Großtieren, die viel größere Eigenreviere benötigen, als sie die allermeisten Jäger haben oder sich leisten können. Das Revier eines Steinadlers dehnt sich über hunderte von Quadratkilometern aus, das Streifgebiet eines Wolfsrudels noch weiter. Die Bärenwanderung lässt sich ebenso wenig auf bestimmte Jagdreviere beziehen wie die Flüge der Gänse und Enten von den nordischen Brutgebieten zu den Zwischenraststationen in Mitteleuropa und den Überwinterungsgebieten. Wandernde Arten und Arten mit großem Flächenbedarf gehören daher ihrer Natur gemäß nicht in ein auf kleine Flächen bezogenes Revier(jagd)system. Aber sind sie dann noch in den gesetzlichen Geltungsbereich von Landesjagdgesetzen richtig untergebracht?

Eckhard Fuhr: Der Wolf im Spiegel von Politik und Gesellschaft

„In die politische Erziehung, in die Staatsbürgerkunde, in die Programmatik der Parteien und das Repertoire der politischen Rhetorik hat das neue Wolfsbild noch nicht Eingang gefunden, wahrscheinlich, weil auf dem Gebiet des Politischen jede Form von „Naturalismus“ mit einem Tabu belegt ist. Wer behauptet, dass etwas von „Natur aus“ so oder so sei, setzt sich dem Vorwurf aus, nicht auf der Höhe einer aufgeklärten Gesellschaft zu sein.


Jenseits der Politik aber steht „Natürlichkeit“ hoch im Kurs.

Konrad Lorenz: Zur Fluchtdistanz größerer Säugetiere

„Jedes Tier, vor allem jeder größere Säuger, flieht vor einem überlegenen Gegner, sobald sich dieser über eine gewisse Entfernungsgrenze hinaus nähert. Die Fluchtdistanz, wie Prof. Hedinger, ihr Erforscher, diese Verhaltensweise nennt, wächst in dem Grade, in welchem das Tier den betreffenden Gegner fürchtet.

Mit derselben Regelmäßigkeit und Voraussagbarkeit, mit der ein Tier bei Unterschreitung der Fluchtdistanz flieht, stellt es sich aber zum Kampfe, wenn

L. David Mech: Ein Bild vom Wolf, wie er wirklich ist!

„Wir Menschen beurteilen heute diese Tiere allzuoft nach unseren eigenen Kriterien: Sie töten – also sind sie böse. Sie reißen alte, schwache und kranke Tiere – also sind sie nützlich. Sie sind monogam und lebenslang einem Partner treu – das finden wir achtenswert. Sie töten einen Artgenossen und fressen ihn auf – das finden wir abscheulich.

In der Welt meiner Wölfe haben solche menschlichen Vorstellungen und Urteile wenig zu bedeuten.

John Linnell: „Die Erfahrung wird zeigen, …“

„Die Regionen mit der größten Herausforderung sind jene, wo große Beutegreifer nach einer langen Periode der Abwesenheit zurückgekehrt sind; dort kämpfen einige ländliche Interessengruppen dagegen, dass die Tiere in Ihrer Landschaft wieder integriert werden sollen. Diese Konflikte können nicht über Nacht gelöst werden. Man muss miteinander reden und, noch mehr, sich gegenseitig zuhören. Geduld, Respekt und Kompromissbereitschaft sind die notwendigen Voraussetzungen. Auch die Zeit wird helfen. Die Erfahrung wird zeigen, dass es einfacher ist, mit den realen Tieren zu leben als mit ihren symbolischen Vertretern, wie sie in extremer Form dargestellt werden.“

(Quelle: John Linnell, Norwegian Institute for Nature (NINA) und Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE), SSC Specialist Group der Weltnaturschutzunion „International Union for Conservation of Nature and Natural Resources“ (IUCN), in: „Der Wolf als Symbol“, Rudelnachrichten Juni/ Juli 2014 der „Gesellschaft zum Schutz der Wölfe“ (GzSdW), Seite 35, frei übersetzt aus dem Englischen von Dietlinde Klein)