Lügenpresse – Wolfsmonitor

Lügenpresse

Vor mir liegt gerade das Buch „Lügenpresse“ von den Herausgebern Volker Lilienthal und Irene Neverla. Daneben liegt ein Artikel der NOZ, in dem beschrieben wird wie der niedersächsische Jagd- und CDU- Funktionär Helmut Dammann-Tamke erneut seine (in Wolfskenner-Kreisen höchst umstrittenen) Thesen zum Wolf vor etwa 150 Interessierten im Oldenburger Hof (Ganderkesee) zum Besten gab.

Eingeladen hatte dazu die örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete und damit Parteikollegin Dammann-Tamkes, Astrid Grotelüschen, die angab, „gefühlt zuständig“ für das Thema und um Aufklärung bemüht zu sein.

Sie forderte „eine kluge und sachliche Debatte“ und klare präventive Regeln im Umgang mit den Beutegreifern.

Mit der Wahl des Referenten, so mein Resümee, verzichtete Grotelüschen am Ende jedoch darauf und entschied sich dann doch lieber für das Prinzip „Filterblase“ und „Echokammer“.

Denn der von der NOZ als „Experte“ bezeichnete Damman-Tamke proklamierte erneut seine bereits bekannten „Einsichten“ vom „exponentiellen Wachstum“ und der angeblich nicht vorhandenen „natürlichen Scheu“ der Wölfe.

Ob er auch erneut die Mär vom angeblich so vorbildlichen skandinavischen Wolfsmanagement zum Besten gab, ist nicht weiter überliefert.

Sachlich und klug wären hingegen die ehrlichen Anmerkungen gewesen, dass das exponentielle Wachstum der Wolfspopulation nur vorübergehend auftritt und es selbstverständlich eine natürliche Scheu von Wildtieren gegenüber den Menschen gibt.

Diese wird bekanntlich durch die Bejagung der jagdbaren Wildarten während der Jagdzeiten sogar noch erhöht. Es ist nebenbei davon auszugehen, dass dies in der Jagdzeit auch für die nicht bejagten Wildtierarten gilt.

Keine Scheu haben Wölfe allerdings vor potenziellen Beutetieren, ihrer Nahrung, im Zweifel demnach also auch vor unzureichend geschützten Nutztieren wie Schafe oder – seltener – Kälber.

Hier muss ihnen die Scheu tatsächlich beigebracht werden. Das aber sollte eine längst bekannte Binsenweisheit sein und sich bereits auch bis Ganderkesee herumgesprochen haben.

Diese Herausforderung wird in der Regel mit Herdenschutzmaßnahmen gelöst. Statistisch gesehen in weit über 99 % aller Fälle sogar sehr erfolgreich. Auch in Wolfsgebieten. Allen Unkenrufen zum Trotze.

Hat der Herr Jägerpräsident das an diesem Abend seinen Zuhörern auch verraten? Dass der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Wolfsdiskussion wirksame Herdenschutzmaßnahmen sind? Zu denen unnötige, weil überflüssige „Bestandsregulierungen“ überhaupt nicht gehören?

Es müssen darüber hinaus auch nicht die ganze Landschaft, sondern nur einige sensible Bereiche elektrisch „verdrahtet“ werden. Aber egal, diese Einsichten gehören offensichtlich nicht zum Repertoire dieses „Experten“.

Anderen Quellen zufolge verglich er an diesem Abend die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland lieber mit der Ausbreitung der Waschbären in Deutschland. Klug und sachlich halt…

„Wahrheit“, so schreibt der Autor Tobias Gostomzyk im eingangs genannten Buch „Lügenpresse“, … „ist schließlich oftmals alleine das, was jemand dafür hält: historisch bedingt, in Zusammenhänge eingebettet, an bestimmte Vorstellungen und Überzeugungen gebunden.“

Dieser Subjektivismus dürfte insbesondere auch für die Erkenntnisse dieses Jägerpräsidenten zum Wolf gelten.

Ob das den etwa 150 Interessierten im Oldenburger Hof am Ende der Ausführungen Dammann-Tamkes auch dämmerte?

Just my two cents…

Jürgen Vogler


Quellen:

(*1) NOZ, 6.4.2018 von Nadine Rabe: „In Ganderkesee klare Regeln im Umgang mit Wölfen gefordert“, abgerufen am 6.4.2018, hier der Link!

(*2) Tobias Gostomzyk: „Lügen, Halbwahrheiten, Gerüchte“ in „Lügenpresse“ von Volker Lilienthal und Irene Neverla (Hrsg.), S. 173