Im Politikjargon wird nicht selten von der „Lufthoheit über den Stammtischen“ gesprochen. Damit ist die Aufmerksamkeit breiter Bevölkerungsschichten gemeint, deren Gewinn nach Ansicht von Kommunikationsexperten die politische Währung der heutigen Zeit ist. Medienprofis wissen das. Und sie wissen vor allem, dass dabei die effekterhaschende Schlagzeile das Mittel der Wahl ist und regelmäßig zur Steigerung der Auflage führt. In Zeiten, in denen aufgrund der Internetnutzung die Auflagen der Printmedien über alle Ressorts hinweg deutlich sinken, ist die auflagensteigende „Top-Schlagzeile“ für die Medienhäuser darum wichtiger denn je.
Obwohl diese Zusammenhänge heute allgemein bekannt sind, gehen wir ihnen immer wieder auf den Leim. Und gerade deshalb ist es so wichtig, sich seine Informationsquellen sorgsam auszusuchen, um den Wahrheitsgehalt der Medienberichterstattung seriös abschätzen zu können. In der Diskussion um die häufig sehr emotional geführte Debatte über die Rückkehr der Wölfe sehen scheinbar einige „Wolfsgegner“ den Wirkungsmechanismus der Aufsehen erregenden Schlagzeile als geeignetes Instrument, um zweifelhafte Botschaften nachhaltig unters Volk zu bringen.
So enttarnt nun auch die von einigen Medien erneut aufgeworfene Frage, ob die Schilderungen des Jägers in Boitze – der sich in der Osternacht von einem Wolf angegriffen sah und angeblich nur durch einen Schuss in den Boden retten konnte – glaubwürdig oder unglaubwürdig sind, genau dieses Motiv. Dem Jäger ging es scheinbar darum, sich eine Schlagzeile zu sichern, um zu warnen. Und das sei ihm ja immerhin Dank der Medienberichte gelungen, wird er nun zitiert (hier der entsprechende Link des NDR).
Wovor eigentlich warnen, fragt man sich nun. Vor der Glaubwürdigkeit von Jägern? Oder vor der sie begleitenden Presse? Im Fußballjargon würde man hier wohl von einem klassischen Eigentor sprechen.
Wölfe sind leider kaum für positive Schlagzeilen im heutigen Blätterwald geeignet. Deshalb sind sie auf Fürsprecher angewiesen, die emotionale Diskurse versachlichen und verfälschte Darstellungen öffentlich richtig stellen. Aufklärung ist deshalb weiterhin das oberste Gebot der Stunde. Das ist oft mühselig, weil mit der Ausbreitung des Wolfes in neue Regionen Deutschlands die sachlich richtigen Informationen jedes Mal neu gefragt sind und manchmal der Eindruck entsteht, dass eine gewisse Müdigkeit bei denen eingetreten ist, die sich bereits seit mehreren Jahren auf diesem Gebiet für den Wolf engagieren. Ohne sie würde Deutschland allerdings heute nicht international über den Ruf als fortschrittliches und tolerantes Land verfügen, das die Integration des Wolfes zumindest versucht. Und dabei sichtbare Erfolge aufweisen kann!
Deshalb verdienen diese aktiven Fürsprecher weiterhin den vollen Respekt und die ganze Unterstützung! Ich bin mir sicher, gerade sie werden auch in Zukunft noch so manche Schlagzeile als Irrtum oder Ammenmärchen enttarnen!
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler