Der Betreiber des Dörverdener Wolfcenters, Frank Faß, stellt in einem ausführlichen Statement auf der Webseite des Wolfcenters seine Sichtweise zur sogenannten „Goldenstedter Wölfin“ dar(*1).
Kommentar:
Die Auffassung von Frank Fass – und das stellt er durchaus richtig dar – ist nicht unumstritten. Gerade seine Schlussfolgerung: „Leider bleibt wohl nur nach Abwägung aller hier im Vorfeld dargestellten Möglichkeiten die lethale Entnahme des bestimmten Wolfes“, dürfte entsprechend weitere Diskussionen auslösen.
Letale Entnahme bedeutet Abschuss. Seinen vorgestellten Argumenten glaubend kann man durchaus zu solch einem Ergebnis kommen. So ganz unkommentiert möchte ich das jedoch nicht stehen lassen, es bedarf meines Erachtens einiger erklärender Worte, die auch zu einem anderen Ergebnis führen können.
Drei Anmerkungen möchte ich deshalb hinzufügen:
Frank Faß verweist an mehreren Stellen auf die Förderung, bzw. deren Grenzen durch die „De-minimis-Beihilferegelung“. Diese existiert, damit durch öffentliche Subventionen letztlich keine Wettbewerbsverzerrung im Vergleich zu Betrieben, die keine Förderung in Anspruch nehmen, verursacht wird. Damit soll eine gewisse Chancengleichheit für alle Marktteilnehmer gewährleistet werden. Da es sich bei den Haushaltsmitteln, die für den Wolfschutz bereitgestellt werden, darüber hinaus um sogenannte Billigkeitsleistungen handelt (also freiwillige öffentliche Leistungen ohne Rechtsanspruch) darf die so gewährte indirekte Unterstützung durch die Steuerzahler für Herdenschutzmaßnahmen durchaus einmal als „wohlwollend“ und nicht selbstverständlich betrachtet werden. Die denkbare Alternative für die Betroffenen wäre nämlich „null“ öffentliche Zuschüsse bei unveränderten Herausforderungen durch die neue Situation. Eine höhere Förderung ist jedoch nach EU-Verordnung für den Agrarsektor im Moment nicht drin, auch wenn das Land Niedersachsen sich zurzeit in Brüssel dafür einsetzt. Mit 15.000 Euro über drei Jahre ist der vorgegebene Rahmen voll ausgeschöpft. Besser als nichts, möchte man hinzufügen. Zumal es Zeiten gab, wo dieser Betrag „nur“ 7.500 Euro betrug.
Fank Faß schreibt weiter: „Es ist nicht ersichtlich, dass der Wolf von allein mit dem Springen über Zäune aufhört – warum sollte er auch?“, und schließt so die Möglichkeit aus, dass der „springende Wolf“ vielleicht ein- oder mehrmals direkt Bekanntschaft mit einem stromführenden Zaun macht und so quasi „nebenbei“ aversiv konditioniert wird. Von stromführenden Zäunen würde er sich dann vermutlich in Zukunft fern halten, von ungeschützten Weiden auch? Das wissen wir nicht.
Außerdem stellt Frank Faß fest: „Die Besenderung des Wolfes dürfte also nichts bewirken.“ Er hat damit vermutlich insofern Recht, als dass die aktive Vergrämung nach der Besenderung auch tatsächlich durchgeführt werden muss. Vor allem dann ist die Besenderung sinnvoll. Vielleicht wird der Wolf sogar durch den Fang- und Besenderungsprozess allein schon derart vergrämt, dass er künftig die Nähe menschlicher Einrichtungen und – wenn es gut läuft – auch Zauneinrichtungen meidet. Das Aufzeichnen der Bewegungsmuster gibt den „Vergrämern“ außerdem die Möglichkeit, künftig dort einzugreifen, wo der Wolf gegebenenfalls „zuschlagen“ wird. Die Senderintervalle des Telemetriegerätes können dabei – je nach Ausführung – durchaus so kurz geschaltet werden, dass der Wolf nahezu in Echtzeit lokalisiert werden kann. Die Batterie wird dabei allerdings nur für wenige Wochen ausreichen (das sei nur nebenbei vermerkt). Dazu braucht es allerdings Fachleute, Zeit (Nachtarbeit), geeignete Fangmethoden, Geduld und entsprechend ausreichende Kapazitäten. Sind die vorhanden? Diese Webseite wirbt bereits seit geraumer Zeit für eine „Handvoll Spezialisten“, die in solchen Fällen zum Einsatz kommen sollten (*2). Gibt es die bereits in Niedersachen? Es war im Sommer einmal zu lesen, dass das Land Niedersachsen einige Wolfsberater zu Distanznarkoseexperten ausgebildet hat. Wird man sich dieser Experten nun erstmals bedienen?
Kurzum: Ich mag mich mit dem letalen Lösungsvorschlag von Frank Faß nicht wirklich anfreunden, weil es eine Alternative gibt. Denn der Fass´sche Vorschlag bedeutet dreierlei:
- Das verfrühte Einknicken und Abweichen von vereinbarten Verhaltensregeln bereits dann, wenn erste Schwierigkeiten auftauchen.
- Ein Präzedenzfall, dessen Signalwirkung sich richtungsweisend für künftige Problemfälle in Deutschland im Sinne einer Mindestschwelle für weitere Letallösungen entwickeln könnte.
- Außerdem beraubt man sich der Chance, aus der künftigen Entwicklung dieses Falls etwas für die Zukunft zu lernen und die erst rudimentär vorhandenen Wolfsschutz- und -managementmaßnahmen weiterzuentwickeln.
Wenn sich außerdem bestätigen sollte, was ein Wolfsberater aus der Region Vechta dem NDR gegenüber geäußert hat, dann sind in der Region Goldenstedt mehrere Wölfe gemeinsam unterwegs. Wie soll eigentlich sichergestellt werden, dass der richtige Wolf letal entnommen wird? Dazu müsste man ihn entweder „auf frischer Tat“ ertappen oder aber eben doch fangen und besendern…
Nichts für ungut, Herr Faß, just my two cents….
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler
Quellen/ Hinweise:
(*1) Statement von Frank Faß auf der Webseite des Wolfcenters Dörverden, www.wolfcenter.de, abgerufen am 17.12.2015, hier der Link!
(*2) Siehe auch: „Wolfscouts – These 4“, hier auf Wolfsmonitor, hier der Link!