Gesellschaft zum Schutz der Wölfe protestiert heftig gegen Wolfsabschuss in Sachsen – Wolfsmonitor

Gesellschaft zum Schutz der Wölfe protestiert heftig gegen Wolfsabschuss in Sachsen

Die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzSdW) ist – wie nachfolgender Protestbrief zeigt-, vermutlich wie andere einschlägige Vereine und Verbände nicht vorab beratend in die Abschussentscheidung in Sachsen eingebunden worden. Der Protestbrief der GzSdW im Wortlaut:

GzSdW protestiert: Sachsen erlaubt Entnahme eines Wolfes aus dem Territorium des Rosenthaler Rudels

Am Freitag, den 27.Oktober 2017 hat der sächsische Umweltminister den wiederholten Forderungen des Bautzener Landrats Michael Harig (CDU) nachgegeben und das Einverständnis zur Entnahme eines Wolfes aus dem Territorium des Rosenthaler Rudels erteilt.

Schon seit 2013 werden im Territorium dieses Rudels immer wieder Übergriffe von Wölfen registriert. Wiederkehrend wurden schlecht bzw. oft auch ungeschützte Schafe von den Wölfen getötet. In der Vergangenheit wurde dann nach entsprechender Beratung ein verbesserter Herdenschutz (Euronetz und Flatterband) angewandt und in der Folge sind dann auch keine weiteren Übergriffe mehr erfolgt.

Offensichtlich sind aber im Territorium dieses Rudels einige Tierhalter, an der Spitze der Landrat selbst, der auch Hobbyschafhalter ist, nicht bereit, den erforderlichen Schutz ihrer Tiere konsequent und dauerhaft bereitzustellen, obwohl sie von Seiten der Behörden in Sachsen dabei sehr gut unterstützt wurden.

Deshalb ist es auch dieses Jahr wieder mehrmals zu Übergriffen gekommen, wobei die Wölfe (angeblich) bei zwei Übergriffen am 22. Oktober 2017 in Laske und in Cunnewitz auch den „empfohlenen Schutz“ überwunden haben.

Deshalb hat das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) das Einvernehmen zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 22 Absatz 2 Sächsisches Jagdgesetz (SächsJagdG) zur Entnahme eines Wolfes erteilt.

Durch eine Begrenzung der Entnahmezeit (30. November 2017), der Entnahmegegend (Gemeindegebiet Ralbitz-Rosenthal) und der Entnahmeerlaubnis auf einen Wolf, der die Nutztiere einer Weide außerhalb des Waldes so in Unruhe versetzt, dass die Schutzmaßnahmen von innen niedergetreten werden Beziehungsweise er selbst die vorhandenen Maßnahmen überwindet, soll das mildeste Mittel angewandt werden.

Leider stehen keine validen Informationen zu diesen Fällen und den Hintergründen der Entscheidung zur Verfügung, denn die GzSdW (genau wie andere NGO’s) wurde erst nach getroffener Entscheidung informiert.

Deshalb bleiben viele Fragen offen:

  • Wurde die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf (DBBW), wie bei der Einrichtung dieser Stelle vorgesehen VOR der Entscheidung beratend einbezogen oder nur nach getroffener Entscheidung informiert (wie die NGO’s auch)?

  • Wenn, wie in der Presse berichtet der zuständige Rissgutachter nicht erreichbar war – ein organisatorisches Versäumnis des zuständigen Bautzener Landrats, der eine ordnungsgemäße und zeitnahe Bereitschaft sicherstellen müsste – stellt sich die Frage, ob ein korrektes Gutachten tatsächlich erstellt wurde. Auf Fotos, die vor Ort gemacht wurden und der GzSdW zugespielt wurden ist kein bestellter Rissgutachter zu sehen, aber der Landrat selbst, der schon seit Langem gegen die Wölfe arbeitet. Hat er als Laie das Gutachten selbst erstellt? (Inzwischen wurde eine Bereitschaftsregelung eingerichtet!)

  • Bestehen, wie in der Begründung angegeben für die Tierhalter wirklich keine weiteren zumutbaren Alternativen zum Schutz der Nutztiere? Sind tatsächlich alle zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen versucht worden? Ein Einsatz von Herdenschutzhunden, der in anderen, ähnlich gelagerten Fällen bisher immer wirksam war wurde anscheinend nie in Erwägung gezogen. Dazu ist absolut nichts bekannt. Bekannt ist aber, dass die GzSdW in einem Problemfall in Sachsen-Anhalt erfolgreich eine „Schnelle Eingreiftruppe“ mit Herdenschutzhunden organisiert hat, durch die sehr rasch das Grundproblem der Übergriffe entschärft werden konnte. Der Tierhalter hat dann die Maßnahme weitergeführt und setzt weiter HSH ein. Er hatte auch seither keine Verluste durch Wölfe mehr.

  • Muss nicht dem/den Tierhaltern eventuell sogar ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen werden, weil sie den offensichtlich erforderlichen Schutz ihrer Tiere in mehreren aufeinander folgenden Jahren immer wieder erst nach erfolgten Übergriffen angewandt haben, so dass die Wölfe lernen konnten, ja quasi trainiert wurden, die Schutzmaßnahmen zu überwinden.

  • Welchen Sinn macht es, willkürlich einen Wolf aus dem Gebiet zu töten? Niemand kann sicherstellen, ob das Tier wirklich zum Rosenthaler Rudel gehört. Wenn ein Jungwolf getötet wird, selbst wenn er sich „in flagranti“ erwischen lassen sollte, werden die anderen Wölfe dadurch tatsächlich vergrämt?? Wohl eher unwahrscheinlich. Wenn aber ein Alttier getötet wird steht zu erwarten, dass die Schäden sogar noch schlimmer werden oder die Jungtiere, die gelernt haben, wie man Schutzmaßnahmen überwindet ihr Wissen „exportieren“, weil das Rudel auseinanderbricht und sie abwandern.

  • Die GzSdW unterstützt seit Langem das Wolfsmanagement in Sachsen und den anderen Bundesländern intensiv und akzeptiert auch die gültigen Ausnahmeregelungen, die im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehen sind, wenn Wölfe entsprechend gravierende Probleme verursachen, denn die sind nötig, um ein gutes Zusammenleben zwischen Menschen und Wölfen und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten. Im vorliegenden Fall können wir als Gesellschaft zum Schutz der Wölfe aber diese Maßnahme nicht nachvollziehen. Wir lehnen sie sogar scharf ab und protestieren heftig. Leider haben wir allerdings schon bei „Pumpak“, für den ebenfalls unserer Meinung nach unberechtigt eine Entnahmeerlaubnis erteilt wurde gelernt, dass wir im Vorfeld keine Möglichkeit haben, juristisch vorzugehen, weil eine Verbandsklage für solche Fälle nicht möglich ist. Wir behalten uns aber juristische Schritte vor, wenn tatsächlich ein Wolf aufgrund der vorliegenden Entnahmeerlaubnis getötet werden sollte.

Quelle: GzSdW, zugestellt am 30.10.2017

Beitragsfoto: Heiko Anders, www.andersfotografiert.com

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