3 Antworten von Gitta Connemann – Wolfsmonitor

3 Antworten von Gitta Connemann

Gitta Connemann aus Leer, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, forderte im März vor dem Hintergrund erster verhaltensauffälliger Wölfe in Deutschland , einen Bundes-Aktionsplan Wolf aufzustellen und eine „Task-Force Wolf“ auf Bundesebene einzurichten. Es sei offenkundig, dass das Wolfsmanagement „eine Koordination durch den Bund“ benötige. Damit sollen die nötigen Kompetenzen in den einzelnen Bundesressorts gebündelt, ein bundesweites Wolfsmonitoring eingerichtet und Verhaltensempfehlungen an die Bevölkerung ausgesprochen werden.Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert bereits seit einiger Zeit ein „nationales Kompetenzzentrum“, der Deutsche Jagdverband (DJV) spricht von einem „Nationalen Managementplan Wolf“.

Wolfsmonitor hatte nun Gelegenheit, einige Fragen an Gitta Connemann zu richten.

WOLFSMONITOR: Frau Connemann, Ihr Vorschlag vom März, eine „Task Force Wolf“ auf Bundesebene einzurichten, klingt zwar auf den ersten Blick etwas „martialisch“, da der Begriff an eine Art „Eingreiftruppe für Wölfe“ erinnert, er scheint aber passend zu kommen, da gerade in jüngster Zeit die Rufe nach einer nationalen Wolfsstrategie lauter werden. Bitte erläutern Sie noch einmal kurz, was Sie unter einer „Task Force Wolf“ verstehen und für wie wahrscheinlich Sie es halten, dass Ihr Vorschlag erfolgreich umgesetzt werden kann.


Gitta Connemann: „‘Task Force Wolf‘ – Das bedeutet: bundesweit beobachten, registrieren, koordinieren, informieren, abstimmen und bestmöglich vorbereitet sein – und zwar über Ländergrenzen hinweg. Denn Wölfe halten sich nicht an solche.
Ohne Frage: Wölfe sind faszinierende einzigartige Lebewesen. Von nicht verhaltensauffälligen Wölfen geht keine Gefahr für den Menschen aus. Die aktuellen Fälle der vergangenen Wochen und Monate – gerade auch in Niedersachsen – zeigen aber, dass es Problemwölfe gibt, die keine Scheu vor Menschen haben. Diese verhalten sich artfremd und können eine Gefahr für Menschen darstellen. Wollen wir erst handeln, wenn einem Menschen etwas passiert ist?
Ich möchte vorbeugen. Und deshalb mache ich mich für eine Task Force Wolf stark. Es geht mir darum alles zu tun, damit eben nichts passiert. Denn spätestens nach dem ersten Zwischenfall, bei dem ein Mensch zu Schaden kommt, wird aus dem Märchen vom „bösen Wolf“ bittere Realität.
Für mich steht der Schutz der Menschen an erster Stelle. Wir müssen alle Gefahren, die von verhaltensauffälligen Problemwölfen ausgehen, ausschließen. Nur so schützen wir Mensch, Tier und erhalten die Akzeptanz für den Wolf.
Dass mein Vorschlag einer bundesweiten Koordinierung richtig ist, zeigt das Ergebnis der Umweltministerkonferenz am 22. Mai 2015. Ich begrüße sehr, dass das zuständige Bundesministerium für Umwelt von Frau Dr. Hendricks dort nun endlich meinen Vorschlag aufgegriffen und die Einrichtung einer bundesweiten Beratungs- und Dokumentationsstelle angekündigt hat.

WOLFSMONITOR: Einige Experten vertreten die Ansicht, dass es wichtiger wäre, die Wolfsmanagementkompetenz dezentral in den einzelnen Wolfsgebieten zu stärken, um die labile Akzeptanz des Wolfes gerade der ängstlichen Teile der Bevölkerung vor Ort zu erhöhen. Halten sie diese Empfehlung bezüglich Ihres Vorschlags für einen Widerspruch?


Gitta Connemann: Ganz klar: Nein! Die Aufklärung muss natürlich vor Ort passieren. Nur hier gibt es auch die Möglichkeit, auf aktuelle Vorfälle zu reagieren. Das Monitoring und die Dokumentation sollten jedoch – des ganzheitlichen Überblickes wegen – bundesweit und damit zentral erfolgen.
Schließlich sind Wölfe in der Lage, täglich eine Strecke von rund 70 Kilometern zurückzulegen. So wird schnell aus einem brandenburgischen Wolf ein niedersächsischer Wolf. Das Monitoring der Länder stößt hier im wahrsten Sinne des Wortes an seine Grenzen.

WOLFSMONITOR: Regelmäßig beziehen sich Wolfsexperten auf den NINA-Report* aus dem Jahr 2002 und verweisen darauf, dass es in den letzten 50 Jahren nur wenige Wolfsattacken auf Menschen gegeben habe. Derselbe Report schlägt jedoch auch vor, Reaktions- und Notfallpläne für den Fall auszuarbeiten, dass Wölfe sich Menschen zu sehr annähern. Diese fehlen jedoch bisher in den Wolfsmanagementplänen der Länder. Sehen Sie eher den Bund oder die Länder in der Pflicht, hier aktiv zu werden?


Gitta Connemann: Ich glaube nicht, dass der Verweis auf die letzten fünfzig Jahre weiterhilft. Wir müssen uns mit der gegenwärtigen Situation auseinandersetzen. Und diese hat sich inzwischen stark und einschneidend verändert. Und was die Verantwortung angeht: Bund und Länder stehen gemeinsam in der Verantwortung: Der Bund ist bei der Einführung eines deutschlandweiten Monitorings und bei der Einrichtung der Dokumentationsstelle gefordert, die Länder bezüglich der Konkretisierung ihrer Wolfsmanagementpläne. Wichtig ist mir dabei auch, alle Betroffenen einzubeziehen. Denken Sie beispielsweise nur an unsere Landwirte, die Schaf-, Ziegen- oder Rinderzüchter, unsere Jäger. Hier ist gemeinsames Handeln gefragt.

WOLFSMONITOR: Frau Connemann, ich bedanke mich für das Interview!

*(NINA – Norsk institutt for naturforskning, Report Nr. 731: “The fear of wolves: A review of wolf attacks on humans”, Trondheim 2002, ISBN 82-426-1292-7)