Interview: Große Zweifel, dass Wölfe die Touristin in Griechenland töteten – Wolfsmonitor

Interview: Große Zweifel, dass Wölfe die Touristin in Griechenland töteten

Peter Blanché, Vorsitzender der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. (GzSdW), wurde kürzlich von der Abendzeitung München zur angeblich von Wölfen getöteten Touristin in Griechenland befragt (Wolfsmonitor berichtete, hier!). Das teilte die Gesellschaft nun in einem Infobrief mit. Das Interview im Wortlaut:

AZ: Warum haben Sie so große Zweifel daran, dass wirklich Wölfe die Frau umgebracht haben?

Blanché: Wer oder was die Frau umgebracht hat ist absolut nicht klar oder sicher. Die Polizei vor Ort hat dazu bisher keine Aussage getroffen und ermittelt weiter. Eine klare Aussage zur Todesursache kann erst getroffen werden, wenn eine DNA-Analyse vorliegt. Alles andere sind Vermutungen, die in einer seriösen Berichterstattung keinen Platz haben sollten.

Die in den Medien erwähnte Aussage, dass bei der richterlichen Untersuchung des Opfers Bissspuren festgestellt worden seien, die von Wölfen und nicht von Hunden stammen sollen ist nicht nachvollziehbar, denn große Hunde, wie sie in Griechenland recht häufig verwildert und in Rudeln vorkommen, haben ein nicht unterscheidbares Gebiss. Bei vielen Angriffen auf Menschen werden solche Hunde als Verursacher nachgewiesen.

Das Gebiet liegt nahe am Meer, es gibt Tourismus und reichlich Schafhaltung mit zahlreichen Hunden. Über diese oft auch herumstreunenden Hunde wird viel geklagt. In der Vergangenheit sind immer wieder Angriffe von verwilderten Hunden auf Menschen vorgekommen, einige davon sogar tödlich.

Es gibt auch sporadisch Wölfe im Gebiet und auch Schäden an Nutztieren, aber nicht aktuell. Die letzten liegen vier Jahre zurück (im Jahr 2013).

Dank intensiver Impfung mit Ködern per Flugzeug ist Griechenland praktisch tollwutfrei.


AZ: Wölfe gelten ja als menschenscheu. Gibt es da Ausnahmen, etwa wenn sie besonders hungrig oder gereizt sind beispielsweise?

Blanché: Wölfe meiden wenn möglich den Menschen, nicht aber menschliche Einrichtungen, wie Häuser, Scheunen o.Ä. Menschen im Auto oder auf einem Trecker werden nicht als Mensch wahrgenommen und deshalb auch nicht so sehr gemieden. Jungwölfe sind oft neugierig und kommen deshalb manchmal den Menschen näher.

Hunger spielt bei den Verhältnissen, wie sie in Mitteleuropa vorliegen keine Rolle, denn die Wildbestände sind so hoch, dass Wölfe sicher keinen Hunger leiden müssen. Gefahr könnte von tollwutkranken Wölfen (Deutschland ist seit 2008 tollwutfrei) oder von Wölfen, die durch Futter an Menschen gewöhnt worden (habituiert) sind ausgehen.


AZ: Wie weit ziehen Wolfsrudel, um Nahrung zu finden? In der Gegend Griechenlands sind ja keine Rudel bekannt, eigentlich nur im Norden…

Blanché: Wolfsrudel ziehen nicht umher. Sie leben in einem Territorium, das bei uns ca. 250 km² groß ist und gehen dort auf Jagd. Nur abwandernde Jungwölfe verlassen (in der Regel einzeln) dieses Territorium und suchen ein eigenes Gebiet und einen Partner zur Rudelgründung. Die Wölfe in Griechenland leben nach Aussage von Wissenschaftlern der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE) vorwiegend in den Gebirgsregionen Griechenlands.


AZ: Haben Sie Angst, dass dadurch noch mehr Panik bei den bayerischen Wolfsgegnern geschürt wird, die eine Wiederansiedlung der Tiere ohnehin sehr kritisch sehen?

Blanché: Wenn man die Berichterstattung in einer Vielzahl von Zeitungen ansieht steht zu erwarten, dass die Leute, die ohnehin schon Angst vor Wölfen haben – dass die nicht begründet ist spielt keine große Rolle – in ihrer Angst bestärkt werden. Gruppen, die ohnehin schon immer gegen die Wiederkehr der Wölfe waren werden das Thema benutzen, um noch mehr Stimmung gegen den Wolf zu machen.


Weitere Informationen zur Gesellschaft zum Schutz der Wölfe erhalten Sie hier!


Quelle: Infobrief der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzSdW) vom 1. Oktober 2017