„Mit der Pressemitteilung vom 15.02.2016 veröffentlicht das Umweltministerium einmal mehr ein Bulletin zur Situation des Wolfes in Niedersachsen, das dem geneigten Leser versichert, dass man sich in Niedersachsen um den Wolf grämt.
Es sind die bekannten Verlautbarungen, die mittlerweile zum Standardrepertoire der caniden Fürsorge des Wolfsmanagements in Niedersachsen gehören.
Im Frühjahr des letzten Jahres hatte man die semilegale Besenderung zweier auffälliger Wolfswelpen verfügt, die vom Büro Lupus erfolgreich in kurzer Zeit erfolgte.
Dieser Schritt als solches war zweifelsfrei richtig, nur hat man es dabei belassen, diese Senderdaten bis zu deren Ausfall zu sammeln, ohne sich zu fragen, wie es nach einer Besenderung im Allgemeinen und mit verhaltensauffälligen Wolfen im Besonderen weitergehen soll.
Die Besenderung ist die Voraussetzung für eine mögliche Vergrämung, um unerwünschtes Verhalten zu korrigieren und dient bei deren Scheitern auch zur Lokalisierung und Identifizierung eines Wolfes, der ggf. der Wildbahn entnommen werden muss – nach gründlicher Abwägung aller begleitenden Faktoren.
Sowohl die Besenderung mit der vorhergehenden Immobilisation zur Anlegung des Sendehalsbands als auch eine Vergrämung, die i.d.R im Beschuss mit Gummischrot, Bean bags, Knallkörpern oder meinetwegen auch Paintball-Munition besteht, ist auf Grund der Rechtslage nur durchführbar, wenn es einen entsprechenden genehmigten Tierversuchsantrag gegeben hat.
Tierversuchsanträge können von Instituten mit benannten Tierschutzbeauftragten gestellt werden und bedingen eine sach-und fachgerechte Auswahl der Methoden und eine entsprechende Untersuchung sowie Auswertung der Ergebnisse, bei denen das Tierwohl im Vordergrund steht.
In Niedersachsen hatte man genug Zeit, sich hierüber Gedanken zu machen sowie die Infrastruktur, Logistik, eine Definition von auffälligem Verhalten und den Personenkreis zu benennen, um diese Maßnahmen umzusetzen – geschehen ist nichts.
Stattdessen wird immer wieder betont „der Wolf habe sich nicht aggressiv verhalten“.
Es ist das hilflose Zitat aus BfN-Skript 201 und dem gleichlautenden, weil abgeschriebenen Maßnahmenkatalog der Managementpläne der Länder, in denen steht, dass Wölfe, die sich gegenüber Menschen aggressiv verhalten, zu entnehmen sind.
Sicher ist das so, wenn man es denn erst dazu kommen lässt und alle anderen Möglichkeiten bis dahin geflissentlich vernachlässigt werden. Man gibt sich so der Illusion hin, dass Wölfe, die in mehrfachen Nahbegegnungen bereits eine gewisse Unbeeindrucktheit vor den Menschen gezeigt haben, vor einer tatsächlichen Attacke hinreichend häufig in folgenlosen Nahbegegnungen durch Knurren oder Zähnefletschen auffallen.
Bei Nahbegegnungen mit Wölfen, die sich auf geringe Distanzen nähern, ist eine Beschreibung mit der standardisierten Formel „das Verhalten war dem Menschen gegenüber nicht aggressiv“, nicht zwangsläufig ein Charakteristikum für Unbedenklichkeit.
Diese Einschätzung kann sich bei der nächsten Begegnung als folgenschweres Fehlurteil herausstellen.
„Diese Wölfe, von denen eine Annäherung an Menschen ausgeht – scheinbar aus Neugier oder dem Bedürfnis nach Interaktion – sind diejenigen, die höchstwahrscheinlich aggressiv reagieren.“ („Living safely in wolf country“ der “Division of Wildlife Conservation of the Alaska Department of Fish & Game”, 2008, Editor: Mark McNay)
Im Übrigen dürften bei einem Prädationsangriff keine aggressiven Signale Vorboten des selbigen sein, egal ob die Beute nur angejagt, einkreist, oder tatsächlich attackiert wird.
Im aktuellen Fall der Pressemeldung darf man sich fragen, was die verantwortlichen Stellen in Niedersachsen aus den vergangenen Monaten gelernt haben. Für eine Vergrämung hat man wertvolle Monate verstreichen lassen, sowohl was die vorbereitenden Maßnahmen als auch die Umsetzung angeht.
Am Ende wird es einfacher sein, den auffälligen Wolf über eine Anordnung der Gefahrenabwehr zum Abschuss freizugeben, als sich für das eigene Versagen zu rechtfertigen und in hektischer Betriebsamkeit eine Vergrämung auf den „letzten Drücker“ anzuordnen .
Was an Richtung fehlt, kann man nun einmal nicht durch Geschwindigkeit kompensieren!“
Klaus Bullerjahn