Kritik des Freundeskreises freilebender Wölfe am „Aktionsplan Wolf“ – Wolfsmonitor

Kritik des Freundeskreises freilebender Wölfe am „Aktionsplan Wolf“

Auf den „Aktionsplan Wolf“, den das „Aktionsbündniss Forum Natur“ im Vorfeld der Umweltministerkonferenz in Bremen vorgelegt hatte, reagiert der „Freundeskreis freilebender Wölfe“ ausführlich in einer Meldung (im Wortlaut):

„Das Aktionsbündnis Forum Natur hat einen Aktionsplan verschiedener Vereine und Verbände vorgestellt, mit dem Titel: „Rückkehr des Wolfes geht nur mit Akzeptanz und Regulierung“

Dieser Aktionsplan verfolgt das primäre Ziel, eine (Hetz)-Jagd auf den Wolf, unter dem verharmlosenden Begriff der Regulierung einzuleiten. Doch damit nicht genug. Denn sekundär formuliert das Bündnis in seinem Aktionsplan einen Vorwurf an die Behörden, in dem ein unseriöser Umgang mit Zahlen und Fakten zum aktuellen Wolfsaufkommen zum Ausdruck gebracht wird.

Das Bündnis der 19 Vereine und Verbände bedient sich bei der Erläuterung dieses Vorwurfes jedoch selbst der reinen Schätzung von Zahlen, die wissenschaftlich nicht belegbar sind und nur dem Zweck dienen, die eigenen Interessen in den Fokus der breiten Öffentlichkeit zu rücken.

Die 19 Verbände des Aktionsbündnisses behaupten, dass die Wolfsbestände auf Bundesebene bewusst kleingeredet werden, um die Bevölkerung zu beschwichtigen. Das Bündnis beruft sich auf eine Zahl von aktuell 1100 freilebenden Wölfen aus dem Jahre 2017, herausgegeben durch den Deutschen Bauernverband. Rein sachlich stellt sich hier die Frage, warum bei der Berechnung der bundesdeutschen Wolfspopulation, die einzelnen Rudelgrößen per Worst-Case-Größenordnung berechnet wurden?

Das Bündnis fordert mit drastischen Worten exakte Zahlen zur aktuellen Wolfspopulation, die sogar halbjährlich transparent gemacht werden sollen, bedient sich mit der eigenen Hochrechnung von den besagten 1100 Tieren jedoch einzig und allein auf das subjektive Instrument der Schätzung. Das exakte Benennen der deutschen Wolfspopulation wäre ohne jeden Zweifel für Wolfsfreunde und Wolfsgegner eine wünschenswerte Basis, für eine kontroverse Diskussion zum Umgang mit dem Wolf, jedoch ist hinlänglich bekannt, dass nur standorttreue Tiere im Monitoring erfasst werden können und es demzufolge nur eine annähernd exakte Größenordnung der Wolfspopulation geben kann. Alles andere käme dem Lesen aus einer Glaskugel gleich und würde gerade in ländlichen Regionen Panik und Ängste schüren, die die Hetzjagd gegen den Wolf nur noch verschärfen würde.

Gänzlich verwirrend wird es im letzten Absatz unter Punkt II. Dort heißt es, dass die Ausbreitung des Wolfes das Verhalten der Wild,- oder ferner Beutetiere dahingehend beeinflusst, dass es zu einer räumlichen Konzentration von Wildtieren kommt, die dann wiederum Wald- und Vegetationsschäden zur Folge hätten.

Im weiteren Verlauf des Absatzes wird darauf hingewiesen, dass es hierzu jedoch noch keine evidenzbasierenden Ergebnisse gibt. Der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. stellt sich hierzu die Frage, ob diese Vermutung belastbar ausformuliert wurde, oder ob es sich erneut um eine verschleiernde, dramatisierende Schätzung von potentiellen Schäden handelt, die dem Wolf als eindeutigen Verursacher nachgewiesen werden können?


Zu III.

Mit Entschiedenheit machen wir deutlich, dass eine kleinparzellige Einzäunung in den Managementplänen keineswegs gefordert wird, weil diese Maßnahme zweifelsohne eine unsinnige zum Herdenschutz wäre. Wieso verwendet das Bündnis derartige Aussagen, wenngleich die Ineffizienz derselbigen doch hinlänglich bekannt ist? Eine Stellungnahme hierzu würde Klarheit bringen und einer transparenten Diskussion dienen!

Darüber hinaus ist zu bemängeln, dass sich das Bündnis in seinem Aktionsplan primär für den Tourismus und nicht für den Naturschutz einzusetzen scheint. Anders ist die Erstnennung des Tourismus´, bei der Befürchtung von Schäden, die durch den Wolf verursacht werden, in einigen Passagen des Aktionsplanes nicht zu erklären. Geht es in den Aktionsplan tatsächlich um den Schutz von Nutztieren, oder soll hier in etwa das „Contra-Wolf-Interesse“ einer wirtschaftlich und politisch starken Lobby geweckt werden? Vorrangig sollte sich das Bündnis auf den Naturschutz besinnen, der mit großflächigen Zäunen um ganze Forstkulturen herum, zum Schutze vor Wildtieren par excellence betrieben wird. Jedoch halten wir fest: Zäune, zum Schutz von Nutztieren vor raubenden Wildtieren, werden vom Aktionsbündnis jedoch abgelehnt. Wie passt dies zusammen?


Zu Punkt IV.

Das Bündnis fordert eine Reformierung des aktuellen Verfahrens zur Rissbegutachtung und der Kompensierung von wirtschaftlichen Schäden. Es fordert im weiteren Verlauf, dass neben der DNA-Probe auch eine Inaugenscheinnahme des gerissenen Tieres erforderlich sei. Der Freundeskreis freilebender Wölfe e. V. hat hierzu folgende Fragestellungen:

1. Welche Bundesländer verfahren nicht so wie gefordert?
2. Welche Bundesländer lassen mutmaßlich gerissene Nutztiere nicht von Rissgutachtern und/oder Landeslaboren untersuchen?
3. Welche Bundesländer entscheiden nur über die DNA?

Unserer Vorschlag: Besteht der Verdacht eines Wolfsrisses, sollte bei Großtieren wie Pferd und Rind zwingend eine abschließende pathologische Begutachtung erfolgen.

Die Forderung nach einer neutralen B-Probe basiert auf dem subjektiven Zweifel an der Genauigkeit der bisherigen genetischen Analyse. Jedoch scheinen diese Zweifel nur dann von Bedeutung zu sein, wenn der Wolf nicht als Rissverursacher nachgewiesen werden konnte. Lässt die DNA-Probe eindeutige Rückschlüsse auf einen Wolf zu, wird seitens des Bündnisses keine B-Probe empfohlen. Ist das sachlich korrekt? Hier wird mal wieder mit zweierlei Maß gemessen und ein blinder Aktionismus ausgerollt.

Darüber hinaus behauptet das Bündnis, dass bei gemeldeten Rissen von Nutztieren nur noch selten der Wolf als eindeutiger Verursacher nachgewiesen wird. Diese widersprüchliche Aussage macht nachdenklich und stellt die Glaubwürdigkeit des Aktionsplanes in Frage. Denn, unter Punkt II. bedient  sich das Bündnis einer im Netz verfügbaren Rissliste des Landes Niedersachsen, die die rasant steigende Anzahl von nachweislich vom Wolf gerissenen Nutztiere untermauern und dem Aktionsplan eine gewisse Dramatik verleihen soll. Ja, was denn nun?

Auf Seite 7 wird im Absatz 1 die Forderung nach unabhängigen neutralen Sachverständigen, sowie Experten aus den Bereichen Landwirtschaft und Jagd laut. Dieser Forderung fehlt es bei genauerer Betrachtung der Liste der unterzeichnenden Interessenverbände deutlich an Ernsthaftigkeit! Sollen diese Interessenverbände zukünftig nur die Sachverständigen und Experten stellen? Sollen potentiell Geschädigte wirklich allein über das Für oder Wider entscheiden? Ist das die Neutralität, die sich das Bündnis wünscht? Es ist hinlänglich bekannt, dass der überwiegende Teil der Wolfsberater, Wolfsbetreuer und Rissbegutachter auf Bundesebene, dem jagdlichen und forstlichen Bereich entstammen, teilweise sogar mit einem landwirtschaftlichen Hintergrund. An der Rissbegutachtungsfront besteht somit schon eine hohe Präsenz von Personen, die sich mit einem eher kritischen Wolfsblick einer Rissbegutachtungssituation nähern könnten.


Zu Punkt V.

Die stetig wiederkehrende Forderung nach Regulierung oder der Einführung einer Schutzjagd wie am Beispiel Schweden soll eine Erleichterung der Weidetierhaltung mit dem Wolf suggerieren. Die Entnahme von Wölfen, die beispielsweise menschliche Nähe suchen, Herdenschutzmaßnahmen überwinden, oder sich durch Adaption auf Weidetiere spezialisiert haben, regelt jeder Wolfsmanagementplan, oder die Wolfsverordnung.

Das zweifelhafte Instrument der „Schutzjagd“, sowie die Aufnahme des Wolfes in das Bundesjagdrecht, ändern nichts an der Notwendigkeit, Herdenschutzmaßnahmen durchzuführen und sind damit überflüssig.

Wir bitten abschließend freundlichst, um Beantwortung folgender Fragen, nebst Quellenangaben:

1.    Wie würde sich die Schutzjagd auf die erforderlichen Herdenschutzmaßnahmen auswirken?
2.    Wie viele Zäune und/oder Herdenschutzhunde müssten dadurch weniger eingesetzt werden?
3.    Wie hoch ist die Kostenersparnis für die Weidetierhalter durch die propagierte Schutzjagd?
4.    Welche Erleichterungen hätten die Weidetierhalter durch eine Schutzjagd in der täglichen Arbeit?
5.    Die Jagd auf den Wolf soll der Entwicklung von Scheue dienen. Es bedarf keiner wissenschaftlichen Erkenntnis darüber, dass tote Tiere keinerlei Scheu erlernen können. Wie soll der Lerneffekt beim Wolf durch den Abschuss erreicht werden? Wer entscheidet, welches Einzeltier aus einer der sehr seltenen Rudelsichtungen herausgeschossen wird? Oder anders gefragt: Bei welchen jagdbaren Tieren funktioniert die Hypothese des Lerneffektes? Bei dem Reh im Schrebergarten? Dem Wildschwein im Treppenhaus, oder dem Fuchs in der Stadt? Den Damhirschen, die auf der saftigen Wiese ruhig äsen, während Spaziergänger im Abstand von wenigen Meter, sogar mit kläffendem Hund, vorbeigehen?

Daher halten wir fest: Eine Schutzjagd ersetzt keinen Herdenschutz, spart weder Kosten noch Aufwand für Weidetierhalter, reguliert nicht, sondern erreicht u.U. das Gegenteil: Ein schnelleres Wachstum der Wolfspopulation und zunehmende Übergriffe auf Weidetiere.


Der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. steht für:

Als Verein, der sich für den Schutz der freilebenden Wölfe in Deutschland engagiert, sehen wir die Unterstützung von Weidetierhaltern hinsichtlich sinnvoller und verantwortungsvoller Herdenschutzmaßnahmen als selbstverständlich an. Doch der Wolf darf nicht als Sündenbock für die eigentlichen Probleme der Verbände dienen.
Weidetierhalter, die Naturschutzflächen, Deiche, Grünlandregionen usw. bewirtschaften, und mit viel Fleiß Aufgaben im öffentlichen Interesse übernehmen, sind aufgrund einer nicht angemessenen Entlohnung für ihre Arbeit, oft finanziell schlecht gestellt. Hinzu kommt der schwierige Absatz ihrer Produkte, die sich durch die Konkurrenz staatlich subventionierter Massentierhaltungsprodukte und Billigimporten aus dem Ausland ergibt. Hier müssen die politischen Stellschrauben anderenorts gedreht werden!

Naturschutzverbände, Weidetierhalterverbände und unterstützende Verbände sollten sich zusammenschließen, um die Politik auf diese Problematik hinzuweisen und Lösungen fordern.

Die Diskussion um den Wolf dient unserer Ansicht nach nur der Ablenkung der eigentlichen, nicht übersehbaren Probleme der Weidetierhalter. Eine Regulierung durch eine Schutzjagd und somit eine erhoffte Erleichterung der Weidetierhalter, wird nur eines zur Folge haben: Die Erhöhung der Konflikte mit dem Wolf.“

Timo Schneider
Freundeskreis freilebender Wölfe e.V.

Inhaltlich verantwortlich

Andreas Scheck

Mail: Andreas.Scheck@freundeskreis-wolf.de


Quelle: Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. am 11.06.2018: Stellungnahme des Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. zum „Gemeinsamen Aktionsplan Forum Natur“


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