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Dem „freizeitlichen Lustmörder“ wird vorgeworfen, Wild in Angst und Schrecken zu versetzen, es mit Hunden zu hetzen und Leiden und Schmerzen zu zuzufügen. Der Wolf macht eigentlich nichts anderes und es darf bezweifelt werden, dass es für das Wild einen Unterschied macht, wer ihm in dieser Art zu Leibe rückt.
Mit dem Unterschied, dass Jäger gehalten sind, tierschutzgerecht zu jagen, Sozialstrukturen zu wahren und sich nach Schonzeiten zu richten, was ausschließt, dass abgelegte Jungtiere nicht gleich gemeuchelt werden und zumindest für die Cerviden eine halbjährige Schonzeit besteht.
Genau dieses Jagdmodell, das zwar die Bestände in den vergangenen Jahrzehnten unternutze aber einen unbestritten vitalen Wildbestand zur Folge hatte, der auch die Rückkehr des Wolfs begünstigt – wird den Jägern selbst von ministerieller Seite vorgehalten.
Der These, Freizeitjagd sei uneffektiv, diene nicht ausschließlich dem Fleischerwerb und habe vorzugsweise die Erbeutung der Trophäe zum Ziel, halte ich entgegen: Ich kann es mir erlauben, neben der Jagd einem Beruf nachzugehen.
Jagd sollte dann stattfinden, wenn die Aussicht auf Erfolg den Zeitaufwand sinnhaft erscheinen lässt. Dieser fällt zwangsläufig in die Zeit der erhöhten Aktivitätsphasen des Wildes, die vorzugsweise in die Dämmerungsphasen fallen. Daher lässt mir die Jagd auch noch Zeit für die Berufsausübung.
Vermutlich ist dieses eine Zeiteinteilung, die schon die Entwicklung des Menschen vom reinen Jäger zur sesshaften Ackerbauer und Nutztierhalter prägte. Die Arbeitszeit musste immer schon mit der Jagdzeit harmonieren.
Vom Jäger erlegtes Schalenwild wird in der Regel auch verwertet und unverbesserlichen Ignoranten sei versichert, dass auch Trophäenträger essbar sind.
Eingedenk der genannten Schalenwildstrecken ist unsere Jagd extrem effektiv, trotz Schonzeiten und Abschussvorgaben nach Zahl, Alter und Geschlecht. Der Fleischjäger war und ist ein zukunftsfähiges Modell.
Sollten Jäger jetzt, um dieser Rufschädigung entgegenzuwirken, diese jagdliche Selbstbeschränkung aufgeben, die eine Koexistenz mit dem Wolf ermöglichen könnte?
Wie eingangs erwähnt, sollen Wolfsberater mit ihrer Arbeit zu einer möglichst konfliktarmen Rückkehr des Wolfs beitragen und in jedem Wolfsmanagementplan wird die Jagd als eines der Konfliktfelder benannt.
Für ein echtes Konfliktmanagement sind alle deutschen Managementpläne unbrauchbar, zumal diese in der Regel die Formulierungen des ersten Sächsischen Managementplans unreflektiert übernommen haben.
Spekulative Aussagen sind im Dialog mit Jägern ebenso wertlos, wie der Hinweis auf herrenloses Wild, auf das man keinen Anspruch habe und die Zusicherung, dass das Muffelwild mit der Rückkehr des Wolfs vermutlich keine Daseinsberechtigung mehr hat.
Es gibt weder eine Aussage, in welchem Maß Eingriffe in Schalenwildbestände zu tolerieren sind, noch gibt es eine kompetente wissenschaftliche Begleitung, die diese Auswirkung und Wechselbeziehungen Wolf, Wild und Jagd regional begleitet und dokumentiert.
Der Schutz einer Art ist Handlungsmaxime ohne Handlungsparameter weder für weitere Entwicklungen dieser bedrohten Art noch für Spezies, deren Entwicklungen davon beeinflusst werden.
Es gibt kein umfassendes staatliches Wildtiermanagement, sondern nur die Fokussierung auf eine Art in der Verantwortung einer Behörde, für die das Management des Wolfs im Wesentlichen aus Verwaltungsakten zur Prävention und Schadensausgleich von Nutztierrissen besteht, sowie der Berichtspflicht zum Populationszustand gegenüber der EU.
Obwohl das Niedersächsische Wolfskonzept durchaus die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Forschung in Anlehnung an das BfN-Skript 201 formuliert,
„..um belastbare Erkenntnisse über die Entwicklung der Schalenwildbestände und der Jagd im Wolfsgebiet zu erhalten, begrüßt das Land wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Thema (Telemetrie, Wildbestandsermittlung, Reproduktions- und Fitness/Konditionsanalysen bei ausgesuchten Beutetierarten). Ergebnisse sollen dabei mit den Erkenntnissen aus Wolfsmonitoring und -forschung abgeglichen werden…“,
nimmt man es mit den eigenen Aussagen nicht besonders ernst. Es gibt bisher kein Bestreben in Niedersachsen, in dieser Richtung tätig zu werden.
Ein Forschungsvorhaben der TiHo Hannover in dieser Richtung wird bis zum heutigen Zeitpunkt konsequent durch das Umweltministerium boykottiert.
Als hätte sich das Niedersächsische Wolfsmanagement nicht schon in der Vergangenheit im Fall des entnommenen Wolfs MT6 blamiert, lässt man dort offensichtlich nichts unversucht, die Akzeptanz für die Rückkehr des Wolfs und damit dessen Management konsequent gegen die Wand zu fahren.
Akzeptanz für den Wolf wird man langfristig nur sichern, wenn man in den Regionen, wo sich territoriale Rudel etablieren, die Bevölkerung umfassend über „ihre“ Wölfe informiert.
Durch belastbare Daten, das Verhalten und Eigenarten erklärt, da diese Besiedlung der Beginn einer langen Koexistenz sein wird.
Wolfsberater brauchen vor diesem Hintergrund eine Fachbehörde, die mehr als spekulative Hypothesen zur Thematik Wolf bietet, die wissenschaftliche Forschung mit belastbaren Daten fördert statt zu boykottieren, die eigene mangelnde Fachkompetenz an Forschungsinstitute delegiert, die nicht nur Literaturstudien liefern, Nahrungsanalysen oder Wanderbewegungen dokumentieren, sondern in der Lage sind, das komplexe Beziehungsgefüge Wolf-Wild-Jagd zu analysieren.
Es braucht klare Positionen, wie langfristig mit den möglichen Entwicklungen des Wolfs, der Schalenwildbestände und der Jagd als dem ältesten Kulturgut umgegangen werden soll.
Es reicht nicht keine Lösungen zu haben und nur das Problem zu bewundern.
Klaus Bullerjahn
(Hier geht es zum zweiten Teil des Beitrags von Klaus Bullerjahn)
(Hier geht es zum ersten Teil des Beitrags von Klaus Bullerjahn)
Anmerkung der Redaktion: Klaus Bullerjahn hielt diesen Vortrag auf der Tagung „(K)Ein Platz für wilde Tiere? Wolf & Co.“ der Evangelischen Akademie Loccum im November 2016. Weitere Infos zur Tagung und diesen Vortrag in voller Länge finden Sie in der Tagungsdokumentation, hier der Link!