Auch heute noch, rund 17 Jahre nach der Wolfsrückkehr, füllen immer noch Missverständnisse und Fehlurteile die Schlagzeilen der Gazetten. Wölfe sind stets für eine Story gut, das wissen viele Journalisten und nutzen die Gelegenheit vor allem dann, wenn erneut irgendwo ein Schaf gerissen wurde. Zwar sind es oft nicht einmal die Wölfe selbst, sondern unbeaufsichtigte Hunde, die zuschlagen, dem Image des Heimkehrers schaden diese Nachrichten dennoch enorm.
Deshalb ist die ehrliche Aufklärung über das Wolfsverhalten weiterhin ein Gebot dieser Zeit. Einige Wolfsregionen sehen darin sogar eine besondere Chance: Sie bieten touristische Angebote rund um die Wölfe und das mit Erfolg.
So gibt es zum Beispiel in der Lausitz – bekanntlich die Region, in der die Wölfe zuerst wieder einwanderten – heute einen Wolfsradweg (1) und Wolfswanderungen (2), um nur zwei Beispiele zu nennen. Dass es ein gutes touristisches Potenzial dafür gibt, ist bereits seit längerem bekannt. Dies bewies eine Präsentation von Prof. Dr. H. Job vom Institut für Wirtschaftsgeographie der Ludwig-Maximilians-Universität in München (LMU, *3) bereits vor einiger Zeit. Darin wird der touristische Wert eines „Gehegewolfes“ im Nationalpark Bayerischer Wald mit rd. 39.000 € angegeben und dem theoretischen „jagdlichem Wert“ zu dessen Ungunsten gegenübergestellt.
Nun soll ein etwa 90 Kilometer langer Radrundweg zum Thema Wolf zwischen dem Wolfcenter Dörverden und dem Lichtenmoor nördlich der Stadt Nienburg die Region bereichern. Darauf haben sich die Tourismusorganisationen „Mittelweser-Touristik“ und „Tourismusregion Aller-Leine-Tal“ in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Dörverden verständigt. Kooperationspartner sind, so ist in einem Bericht von Andreas Becker im Achimer Kurier am 16. November (*4) zu lesen, das Wolfcenter Dörverden, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) sowie die Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN).
Damit verfolgen die Akteure einen vielversprechenden Ansatz in der regionalen Tourismusentwicklung, der andernorts bereits gut funktioniert. Insbesondere dem Wolfcenter Dörverden dürften die Planungen nicht ungelegen kommen, spielt es dabei doch keine unmaßgebliche Rolle.
Ob die Tourismusorganisationen allerdings wahrgenommen haben, dass sowohl einige Äußerungen des Wolfcenter-Leiters Frank Fass, als auch die einiger Verbandfunktionäre der Landesjägerschaft in letzter Zeit bei Wolfsschützern auf wenig Zustimmung stießen, wird in dem Bericht nicht erwähnt. Die Forderung nach einer künftigen Bejagung der Wölfe als ein Element des Wolfsmanagements stieß bei nicht wenigen Mitgliedern in den Wolfsschutzorganisationen auf harsche Kritik.
Vielleicht sollten die federführenden Tourismusorganisationen ihre Antennen auch einmal in Richtung der wolfsschützenden Organisationen ausfahren. Noch dürfte bis April 2016 genügend Zeit dafür sein. An ausreichendem Platz für eine weitere Informationstafel „Wolfsschutz in Deutschland“ auf der Tour dürfte es vermutlich nicht mangeln. Vielleicht wäre auch das Thema „Herden- und Nutztierschutz“ eine Anregung für eine neunte Tafel. Wäre das Gesamtbild, das die Radtouristen über die Wölfe erhalten, dann auf dieser Tour nicht deutlich vielschichtiger und vermeintlich vollständiger?
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler
(*1) Wolfsradweg Lausitz: www.wolfsradweg.de, (hier der Link!)
(*2)Wolfswandern: www.wolfswandern.de, (hier der Link!)
(*3) Prof. Dr. H. Job: Präsentation – Der Wolf: die touristische Perspektive, (hier der Link zum Download!)
(*4) Achimer Kurier, Andreas Becker: Neuer Radrundweg zum Thema Wolf, 16.11.2015, (hier der Link!)
(Alle Webseiteninformationen und Links abgerufen am 19.11.2015)