Eigentlich habe ich nichts gegen Diskussionen zum Wolf, in denen auch vermeintliche Tabuthemen angesprochen werden. Die beständigen öffentlichen Forderungen nach Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht sind allerdings mittlerweile eine Qual für den Geist.
Während die „Dresdner Resolution“ der umweltpolitischen Sprecher der CDU/ CSU erst einmal nur die Überprüfung einer Übernahme des Wolfs ins Jagdrecht fordert, lässt Niedersachsens FDP nichts unversucht, des Wolfs im Jagdrecht habhaft zu werden.
Darüber hinaus versucht die FDP mit ständigen Anfragen an das Niedersächsische Umweltministerium, sich nicht nur zum obersten Wolfsseelsorger zu gerieren, sondern ihr schwant auch Ungemach zum Europäischen Braunbären.
Dem Ministerium sei empfohlen, sich für insistierende Fragestellung nach der Rückkehr des „Bulgarischen Brillenbandwurms“, der Geissel der Karpaten, zu wappnen.
Offensichtlich haben die engagierten Befürworter des Wolfs im Jagdrecht von diesem selbst nicht allzu viel Ahnung.
In Sachsen selbst hat das weder Jägern, noch dem Wolf etwas gebracht, von Lösungen zur sicheren Weidehaltung ganz zu schweigen.
Die Übernahme Isegrims ins Jagdrecht sollte zwar grundsätzlich kein Tabuthema sein, nur lohnt es nicht, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen.
Jagd ruht auf mehreren Säulen, zum einen auf dem „vernünftigen Grund“, zum anderen auf den zugehörigen gesetzlichen Vorgaben sowie nicht zuletzt auf ethischen Werten – meinetwegen auch „Waidgerechtigkeit“ genannt.
Schon bei der Frage nach dem vernünftigen Grund, dürfte die Argumentation für die Aufnahme in Jagdrecht ins Schleudern geraten.
Der vernünftige Grund ist nichts, was politische Effekthascherei vernünftig scheinen lässt, sondern ist mit einem Nutzen für den Jäger und für den viel zitierten „artenreichen, den landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestand,“ verbunden. Der Nutzen ist die reine Verwertung erlegten Wildes.
Für den „artenreichen, den landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestand“ bedarf es bisweilen scharfer Eingriffe, die aber nicht einseitig zu Lasten einer einzelnen Art gehen dürfen – Ausnahme Neozoen und der Schutz vom Aussterben bedrohter Arten.
In Niedersachsen sei beispielsweise das Birkwild genannt, was definitiv auch des Schutzes durch Bejagung seiner Prädatoren bedarf.
Grundsätzlich bedarf es aber auch einer entsprechenden Lebensraumgestaltung, ohne die alle jagdlichen Maßnahmen des Schutzes sinnlos sind.
Unter den gesetzlichen Vorgaben sind der Tierschutz, der Schutz der Elterntiere in der Aufzuchtzeit der Jungtiere und bei einigen Arten die Abschusspläne zu verstehen. Abschusspläne beinhalten Vorgaben nach Zahl, Alter und Geschlecht.
Jagdliche Ethik schützt z.B. Sozialstrukturen durch einen Verzicht der Erlegung der Leitbachen beim Schwarzwild oder Leittiere beim Rotwild. Diese Ethik sollte auch jenen Respekt vor der Kreatur beinhalten, die das Wild nicht nach Nutzen oder Nichtnutzen unterteilt und keine Bevorzugung einzelner Arten bedeutet.
Unter den vorgenannten Aspekten, könnte man also Welpen am Rendevouzplatz erlegen, die aber nicht zu verwerten sind, da selbst der verbrämte Kapuzenkragen aus dem Sommerhaar nur fusseln würde – der vernünftige Grund der Verwertbarkeit entfällt.
Eine Reduktion der Wölfe zur Steigerung des Jagdertrags ist bei den derzeitigen Schalenwildstrecken ebenfalls kein vernünftiger Grund.
Wolfsjagd zur Entlastung bedrohter Arten durch den Wolf (Sonderfall Muffelwild) ist auch nicht vernünftig begründbar.
Hier fehlt es mangels wissenschaftlicher Grundlagenforschung ohnehin an allen Ecken und Enden an belastbarem Datenmaterial. Ein Umstand, der einem inkompetenten Wolfsmanagement anzulasten ist, das vorgibt, sich um einen konfliktarmen Umgang mit dem Wolf zu bemühen.
Der Schutz der Elterntiere in der Aufzuchtzeit der Jungtiere, schließt eine reguläre Jagd auf diese von März bis Dezember aus.
Im Januar und Februar verbietet die jagdliche Ethik ein Zerstören der Sozialstrukturen durch den Abschuss der Elterntiere.
Eine selektive Jagd, analog zu den Abschussplänen nach Zahl, Alter und Geschlecht, ist aber in der vorgenannten Zeitspanne, äußerst heikel. Jungwölfe sind kaum von den Altwölfen zu unterscheiden und ohne Intimrasur lassen sich Wölfe im Winterhaar nicht ohne weiteres sicher ansprechen.
Hier sind Vergehen gegen Abschusspläne vorprogrammiert und der vernünftige Grund bestünde in der Nutzung des Pelzes, gut durchgebratenem Wolfsragouts oder der Trophäe.
Hinzu kommt das logistische Problem, einzeln verfügte Abschüsse zu kontrollieren, da das hiesige Reviersystem keine Lizenzjagd vorsieht. Bei der Größe eines Wolfsterritoriums von einigen zehntausend Hektar, in dem einige hundert Jagreviere liegen, kann es keine generelle Freigabe für bestimmte Einzelindividuen geben.
Eine Entnahme kompletter Rudel wäre zwar tierschutzkonform, nur derzeit nicht vernünftig begründbar.
Zur Abwehr von Übergriffen auf Nutztiere taugen alle diese Konstruktionen überhaupt nicht, da Schäden nicht zwangsläufig zur Jagdzeit auftreten werden.
Die Politiker, die das Jagdrecht für ihre Zwecke instrumentalisieren möchten, sollten sich bitte erst einmal über die begründete, tierschutzkonforme und ethische Umsetzung eines derartigen Ansinnens Gedanken machen, bevor sie auf populistischen Stimmenfang gehen.
Jäger dürfen sich entspannt zurücklehnen, denn sie können es sich zurzeit erlauben, mit dem Wolf zu teilen. Sie sollten daher nicht einer Übernahme des Wolfs ins Jagdrecht das Wort reden, um das Ansehen ihres Handwerks zu ramponieren.
Klaus Bullerjahn