Wenn Wölfe Probleme verursachen, ist nicht selten folgendes Argument zu hören: „Wir dürfen eine Tierart nicht gegen eine andere ausspielen!“
Auf der internationalen Wolfskonferenz des NABU im September beispielsweise äußerte Andreas Leppmann, Geschäftsführer des Deutschen Jagdverbandes (DJV), diesen Gedanken, als er auf die angegriffenen Muffelwildbestände verwies, die als Gebirgsschafe einst im deutschen Flachland angesiedelt wurden.
Und erst kürzlich war die gleiche Rechtfertigung von der Bundestagsabgeordneten Rita Stockhofe erneut zu hören. Nämlich bei ihrer Begründung zur Ablehnung eines Antrags zur Einrichtung eines Herdenschutz-Kompetenzzentrums.
Aber mal im Ernst: Welcher Wolfsbefürworter sollte Freude daran empfinden, dass Schafe gerissen werden? Wendet sich jemand, der sich für Wölfe ausspricht, gleichzeitig gegen Schafe? Kaum vorstellbar!
Es gibt zwar durchaus Mitmenschen, die akzeptieren, dass die heimgekehrten großen Beutegreifer auf ganz natürliche Weise in die Bestände der in Deutschland ursprünglich nicht heimischen Arten eingreifen. Diese mögen zwar – so wird dann gerne argumentiert – das deutsche Landschaftsbild bereichern, es fehlt ihnen hier jedoch an Möglichkeiten, ihre verhaltensgerechten Abwehrstrategien anzuwenden.
Den Wölfen als große Beutegreifer lässt sich indes schwer vorwerfen, dass sie sich bei den leicht zu erreichenden Beutetieren bedienen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Sie können nicht zwischen erlaubter und unerlaubter Beute unterscheiden, egal ob es sich dabei um Muffelwild, Zuchtschafe, Rehe, Damwild, Hirsche oder Wildschweine handelt.
Warum also wird das Argument, eine Art nicht gegen eine andere auszuspielen, immer wieder bemüht?
Das Argument entlarvt den Benutzer als Interessensvertreter der jeweils anderen (Tier-) Art. Es wird deshalb nicht selten in einer vermeintlichen „Wertediskussion“ verwendet, bei der gewöhnlich Bewertungen nach Nutzen und Kosten folgen.
Wie kostbar ist eigentlich ein Wolf, ein Schaf oder ein Mufflon?
Und für wen?
Man kommt der Antwort eigentlich nur näher, wenn man in Schadenskategorien denkt: Wer hat konkret oder beiläufig einen Schaden, wenn ein Wolf stirbt? Wer, wenn ein Mufflon fehlt oder ein Schaf gerissen wird?
Verstehen Sie? Denn dann passiert es letztlich doch: Man spielt, gerade weil man dieses Argument verwendet, eine Tierart gegen eine andere aus!
Ehrlich? Ich mag derart polemisch rhetorische Stilmittel nicht besonders. Zumindest nicht in diesem Zusammenhang.
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler