…„Es gibt kein Muster, wie man sich einem Wolf gegenüber verhalten sollte. Man darf nicht vergessen, dass jeder Wolf eine starke Persönlichkeit hat und jeder einzigartig ist, ein Individuum mit seinen besonderen Sträken und Schwächen und einem ganz eigenen Charakter. Gerade die Unterschiede zwischen den einzelnen Tieren ermöglichen es ihnen, eine perfekt Gemeinschaft zu bilden. Zum Beispiel kann der eine Wolf besser riechen als der andere und so schneller Beute ausfindig machen. Ein anderer wiederum hat mehr Ausdauer und kann das entdeckte Tier am längsten verfolgen, und ein dritter Wolf ist besonders erfahren in der Jagd und kann die Beute aus dem Hinterhalt mit Erfolg überraschen. Es gibt neugierige, erfinderische, zurückhaltende und schüchterne Wölfe und Wölfe mit großem Durchsetzungsvermögen. Die verschiedenen Mentalitäten der Rudelmitglieder sind für die Bildung einer Zweckgemeinschaft von Vorteil. Jeder Wolf ist mit seinem Charakter, seinen Eigenschaften und Erfahrungen wie ein Teil eines Puzzles. Nur gemeinsam mit allen ihren Schwächen und Stärken können sie eine harmonische, überlebensfähige Gemeinschaft bilden, das Wolfsrudel, in dem jedes Mitglied nach Hierarchie und Rangfolge seine Aufgabe hat.
Vier Grundbedürfnisse haben sie aber alle gemeinsam. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihren enormen Familiensinn und ihr Zusammengehörigkeitgefühl im Rudel auszuleben. Man könnte dies als ihr Bedürfnis nach Liebe nennen. Weiter brauchen sie die Freiheit. Als Individualist muss jeder die Möglichkeit haben, selbständig Entscheidungen zu treffen. Das dritte Bedürfnis ist der Drang nach Anerkennung. Durch andere Rudelmitglieder bestätigt zu werden ist für Wölfe von großer Bedeutung. Nicht weniger wichtig ist schließlich das Spiel. Dadurch werden Spannungen im Rudel abgebaut, der Zusammenhalt gefestigt, und die Jungtiere lernen spielend das Wichtigste fürs Leben. Diese Grundbedürfnisse sind für Mensch und Wolf wie für alle intelligenten Lebewesen die gleichen. Sie unterscheiden sich allein in der Form ihrer Ausprägung und in der Art und Weise ihrer Verwirklichung.“…
(Tanja Askani, bekannt aus den Medien und anerkannte Wolfsexpertin, betreut mehrere Wolfsrudel im Wildpark Lüneburger Heide. Dieses Zitat stammt aus ihrem Buch: „Wolfsspuren – Die Frau, die mit den Wölfen lebt.“, AT Verlag, Baden und München, 4. Auflage, 2012, Seite 20 f., weitere Einzelheiten zum Buch finden Sie hier!)