Nachdem die Nordwestzeitung gestern darüber berichtete, dass die niedersächsische CDU-Landtagsfraktion die „Entnahme“ des „Goldenstedter-Problemwolfs“ beantragte (Wolfsmonitor berichtete, hier der Link!), wurden heute weitere Einzelheiten bekannt, denn CDU-Fraktionschef Björn Thümler äußerte sich in dieser Angelegenheit gegenüber der NWZ* (hier der Link!).
Kommentar:
Abgesehen davon, dass das sogenannte „surplus-killing“ – also das Töten von mehr Beutetieren, als zur eigentlichen Nahrungsbeschaffung nötig wären – allein noch kein „atypisches Verhalten“ darstellt (Marder und Füchse verfallen ebenfalls nicht selten in einen solchen „Rausch“), kann man als Leser den Eindruck erhalten, dass vor allem politisches Kalkül hinter der Forderung der CDU-Landtagsfraktion steckt. Denn durch den wiederholten „Aktionismus“, den die Landtags-CDU in letzter Zeit beim Thema Wolf an den Tag legt, wirkt leicht der Eindruck erweckt, als würden die Regierenden das Thema nicht in den Griff bekommen. Zeitweise ist man als Außenstehender tatsächlich irritiert und geneigt anzunehmen, dass es bei der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Wolf durchaus noch Luft nach oben gibt.
Andererseits scheint sich das zuständige Umweltministerium in Niedersachsen seiner Verantwortung für das Thema Wolf durchaus bewusst zu sein und sich an die bisher in Deutschland vereinbarte Praxis halten zu wollen. Es scheint dort klar zu sein, dass man mit der ersten offiziellen „Entnahme“ eines Wolfes einen Präzedenzfall für alle anderen Bundesländer schafft, an dem sich künftig ähnliche Fälle orientieren dürften. Deshalb ist die Entscheidung, vorher weitere Vergrämungsmaßnahmen auszuprobieren, nicht nur rechtssicher, sondern auch zu begrüßen.
Mit Erleichterung habe ich in dem NWZ-Bericht außerdem entnommen, dass der betroffene Schafzüchter seine Tiere künftig mit Herdenschutzhunden schützen will. Das Vorhaben ist nicht unkompliziert und dauert aller Erfahrung nach, bis es einwandfrei funktionieren kann. Es ist aber sicherlich der richtige Weg, denn nach heutigem Kenntnisstand bieten Elektrozäune in Verbindung mit Herdenschutzhunden den sichersten Schutz vor Wolfsangriffen auf Nutztiere. In anderen Wirtschaftsbereichen würde man vom aktuellen „Stand der Technik“ sprechen. Es ist dem Schäfer und seinen Schafen deshalb zu wünschen, dass sie in der „Einarbeitungsphase der Hunde“ von weiteren Wolfsattacken verschont bleiben.
Es sieht so aus, als hätte man im Umweltministerium in Niedersachsen verstanden, die aktuellen Geschehnisse auch als Chance zu begreifen. Ich hatte bereits in der letzten Woche einen Beitrag darüber geschrieben (hier der Link!). Aus meiner Sicht dürfte man sich deshalb auf einem guten, dem richtigen Weg befinden!
Diejenigen, die allerdings bereits heute die „Entnahme“ des Wolfes in Goldenstedt fordern, sollten sich in Erinnerung rufen, dass sich nach der letzten FORSA-Umfrage, die noch nicht einmal 3 Monate alt ist, 80 % aller Bundesbürger darüber freuen, dass Wölfe wieder unsere Landschaft bereichern. 78% sind sogar der Meinung, dass Wölfe hier auch leben können, wenn es teilweise zu Problemen kommt. Wäre man politisch nicht gut beraten, das zu akzeptieren?
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler
*(Quelle: Internetportal der Nordwestzeitung: NWZ-online vom 5.11.2015: Gunars Reichenbachs „CDU will Goldenstedter Wolf töten lassen“)