Schmidts Schnauze – Wolfsmonitor

Schmidts Schnauze

Sandra Dassler von den „Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN)“ berichtete jüngst von einem Interview, das die „Bild“-Zeitung mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) führte und das im „BildPlus-Bezahlbereich“ veröffentlicht wurde. (*1)

Zwei der dort zitierten Aussagen des Ministers dürften jeden Wolfsfreund abrupt aufhorchen lassen:

„Wir kommen an den Punkt, wo wir im Rahmen der Bestandskontrolle über eine begrenzte Abschussfreigabe für Wölfe reden müssen(… ) die Grenze für die Ausbreitung des Wolfes liegt dort, wo sein Bestand die Tierhaltung stark beeinträchtigt. Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde müssen (…) geschützt werden.“

„Dort, wo der Wolf – wie in der Lausitz – in großen Rudeln zu Hause ist, würde ich Spaziergängern nicht unbedingt dazu raten, allein in den Wald zu gehen. Gerade Kinder sollten sich den niedlichen Wolfswelpen nicht nähern.“

Für die einen seien diese Worte „unqualifiziertes Wahlkampfgetöse“ und ein „Spiel mit uralten Ängsten“, andere sähen darin Hoffnungszeichen, dass wenigstens einer ihre durchaus gegenwärtigen Nöte ernst nehme, findet Dassler.

Doch so einfach ist es nicht, finde ich.

Bis auf Schmidts Geistesblitz, dass „Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde geschützt werden müssen“ (allerdings nicht durch ominöse Abschussregeln, sondern durch bewährte Herdenschutzmaßnahmen), lassen die Äußerungen des Ministers erkennen, dass er offenbar keinen blassen Schimmer hat von dem, was er dort sagte.

Mehr noch, Spaziergängern anzuraten, wegen der Wölfe nicht mehr allein in den Wald zu gehen, ist in höchstem Maße populistisch, weil durch nichts zu begründen!

Wie war nochmal die Definition für Populismus?

Ein politischer Populist ist jemand, der gezielt Ängste bei den Menschen auslöst, um seine eigenen Ideen kuzerhand als Lösung feilzubieten.

Nichts anderes macht Schmidt mit der vorgeschobenen Notwendigkeit einer zweifelhaften Bestandskontrolle und der daraus abgeleiteten „begrenzten Abschussfreigabe“ von Wölfen.

Die Notwendigkeit dazu ist schlichtweg objektiv nicht zu begründen, wie Christane Schröder vom NABU wenige Zeilen später eindrucksvoll aufzeigt.

Es ist in Punkto Herdenschutz auch tatsächlich absolut egal, ob irgendwo 200 oder 400 Wölfe leben, die erforderlichen Schutzmaßnahmen bleiben quantitativ und qualitativ in der Tat dieselben, wie Schröder richtig anführt.

Wir leben in vergleichsweise unruhigen und politisch unsicheren Zeiten. Zu keinem anderen Ergebnis kann man kommen, egal ob man gerade in die USA, nach Polen, nach Ungarn oder auch zur Türkei blickt. In Deutschland haben wir außerdem gerade Wahlkampf (…auch wenn man zurzeit wegen der Sommerferien noch wenig davon merkt).

Viele Menschen sehnen sich nach Politikern im Lande, die ihnen nichts vormachen, politisch und menschlich souverän sind und denen sie vollends vertrauen können. Was dieses Land deshalb nicht braucht, sind politische Amtsinhaber, die in populistische Muster verfallen, sobald sie sich einer Sache nicht so recht sicher sind.

Niemand hätte Schmidt übel genommen, wenn er offen zugegeben hätte, dass er sich mit Wölfen nicht besonders gut auskennt. Schließlich hat man ja genau für diesen Fall die (neutrale) Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) als Anlaufstelle für die Politik von Bund und Ländern geschaffen. Die liegt allerdings nicht in Schmidts Zuständigkeitsbereich, sondern im Verantwortungsbereich von Barbara Hendricks (SPD) Bundesumweltministerium.

Vom Agrarministerium, also Schmidt, erwarten viele bis heute die Einrichtung eines vergleichbaren „Kompetenzzentrums Herdenschutz“. Offensichtlich vergeblich, denn dort plant man offenbar – wie er selbst im Interview  – lieber mit „der Kugel“ als vermeintlich geeignete Herdenschutzmaßnahme.

Und setzt dem Ganzen abschließend auch noch mit der Spaziergänger-Empfehlung „die Krone“ auf.

Aber mal ehrlich: Wer heutzutage als Spaziergänger alleine in den Wald geht, muss eher fürchten, von einem herabfallenden Ast, einem Blitz oder sogar der verirrten Kugel eines Waidmannes getroffen, als von einem Wolf auch nur angeknurrt zu werden.

Und alles deutet bis dato darauf hin, dass dies so bleibt…

Herzlichst

Ihr

Jürgen Vogler


Quelle: (*1) PNN (Potsdamer Neueste Nachrichten) am 23.07.2017, Artikel von Sandra Dassler: „Wildtiere in Brandenburg – Agrarminister Schmidt fordert eine Abschussquote für Wölfe“ abgerufen am 24.7.2017, hier der Link!