Kurtis Tötung „letztes Mittel“? – Staatsanwalt sieht keinen Anfangsverdacht für eine Strafverfolgung! – Wolfsmonitor

Kurtis Tötung „letztes Mittel“? – Staatsanwalt sieht keinen Anfangsverdacht für eine Strafverfolgung!

Es wirkt schon etwas seltsam, was der NDR da gestern veröffentlichte. (*1) Etwa 140 Strafanzeigen gingen demzufolge bei der Staatsanwaltschaft Hannover nach der Tötung des Wolfes MT6 („Kurti“) mit dem Vorwurf ein, das niedersächsische Umweltministerium habe das Tier zu Unrecht töten lassen und hätte stattdessen andere Maßnahmen finden müssen.

Und nun folgt ein Satz im NDR-Beitrag, der mir ein ungewolltes Schmunzeln ins Gesicht zauberte: „Die Staatsanwaltschaft Hannover prüfte die Anzeigen und fragte im Umweltministerium nach, ob es unumgänglich war, „Kurti“ abzuschießen.“

Weiter heißt es: …„Das Umweltministerium habe (Anm. d. R.: für die Staatsanwaltschaft) schlüssig darlegen können, dass allein die Tötung des Wolfes mögliche Gefahren für Menschen verhindern konnte.“ Rechtliche Konsequenzen zieht der Abschuss von „Kurti“ demnach nicht nach sich.

Eine juristische Würdigung des Falls steht mir natürlich überhaupt nicht zu, da ich selbst kein Jurist bin. Außerdem bin ich selbst auch gar nicht daran interessiert, dass jemand persönlich für den „amtlichen“ und somit „legalen“ Abschuss eines Wolfes juristisch zur Rechenschaft gezogen wird, solange die Verantwortlichen im Vorfeld die dafür notwendige Sorgfalt haben walten lassen.

Ich stelle mir nur gerade vor meinem geistigen Auge vor, das Umweltministerium hätte stattdessen geantwortet: „Natürlich war es nicht unumgänglich, wenn wir nur früher mit der Vergrämung angefangen hätten, idealerweise bereits bei der Besenderung des Wolfes im Sommer 2015.“

Denn sogar der Wolfsexperte Ulrich Wotschikowsky kam nach dem Tod „Kurtis“ in einem Artikel auf seiner Webseite zu folgendem Ergebnis: (*2)

… „Was also ist schief gelaufen im Falle MT6? Warum könnte er noch leben?

Man hätte unmittelbar nach der erfolgreichen Besenderung mit der Vergrämung dieses Tieres, besser noch des gesamten Munsterrudels beginnen sollen. Die beiden besenderten Jungwölfe hätte man als „Judaswölfe“ nutzen können, die das Vergrämungsteam zum Rudel führen. Ich glaube, dass sich jeder schmerzhafte Treffer mit einem Gummigeschoss im Rudel „herumgesprochen“ hätte – schließlich haben wir es mit außerordentlich sozial lebenden, hoch entwickelten, intelligenten Tieren zu tun.

Als zweite Option hätte man nach der fehlgeschlagenen Vergrämung durch Jens Karlsson unverzüglich mit eigenem Personal versuchen sollen, MT6 zu vergrämen.

Der Teil “Vergrämung”, der zwischen der Diagnose “verhaltensauffällig” und der finalen Entscheidung “Entnahme” liegen sollte, ist im Management dieses Prozesses kaum vorgekommen.“

Es geht demnach also um einige frühere Versäumnisse, bzw. Fehler im Wolfsmanagement und nicht allein darum, ob die „finale Entnahme“ im April eine gebotene Maßnahme war.

„Der Abschuss sei der letzte Weg gewesen, heißt es nun auch vonseiten der Staatsanwaltschaft“, so der NDR gestern.

Mag sein, die eigentlichen Fehler wurden jedoch – so die derzeitige Faktenlage – bereits vorher begangen. Vielleicht sogar noch weit vor dem „Teil Vergrämung“, den Ulrich Wotschikowsky oben beschreibt.

Denn erst kürzlich wurde offenkundig, dass Foto- und Filmaufnahmen existieren, die bisher unter Verschluss gehalten wurden. Aus Gründen des Urheberrechts, so die Begründung. Sie zeigen offenbar Menschen unterschiedlicher Berufsgruppen des Truppenübungsplatzes Munster, die sich zusammen mit Wölfen haben fotografieren lassen. (*3)

Habituiert man auf diese Weise später auffällig werdende Wölfe?

Echte Ursachenforschung für das vermeintlich verhaltensauffällige Verhalten der Wölfe des Munsteraner Rudels (und bisher nur des Munsteraner Rudels) sollte und muss hier ansetzen!

Es mag zwar nun ein juristisches Ergebnis in Niedersachsen vorliegen, managementtechnisch, gesellschaftlich und politisch sind noch einige relevante Fragen offen. Dabei sollte es nicht in erster Linie darum gehen, einen Schuldigen zu suchen, sondern darum, das operative Wolfsmanagement in diesem Bundesland erheblich zu verbessern.

Denn Ziel aller Diskussionen muss schlußendlich ein funktionierendes Wolfsmanagement sein, das seinen Namen verdient. Auch und gerade in Niedersachsen.

Herzlichst

Ihr

Jürgen Vogler

Quellen:

(*1): NDR, www.ndr.de, Artikel vom 19.7.2016: „Abschuss von Wolf „Kurti“ war rechtens“, abgerufen am 20.7.2016, hier der Link!

(*2): Wolfsite – Forum Isegrim, www.woelfeindeutschland.de, Beitrag von Ulrich Wotschikowsky am 27.4.2016, abgerufen am 20.7.2016, hier der Link!

(*3): NDR, www.ndr.de, Artiekl am 15.7.2016 von Ulrike Kressel: „Haben Menschen „Kurti“ zum Problem-Wolf gemacht?“, abgerufen am 20.7.2016, hier der Link!