Feuer frei in Niedersachsen… – Wolfsmonitor

Feuer frei in Niedersachsen…

Liebe Leserinnen und Leser,

na, gehören Sie auch zu denen, die sich manchmal verwundert die Augen reiben? Beispielsweise darüber, warum ausgerechnet jetzt eine Handy-App, die Sie irgendwann vielleicht informiert, NACHDEM Sie einem Covid 19-Infinzierten begegneten, gerade als politisches Heilversprechen herhalten soll?

Die Wahrheit scheint viel trivialer zu sein, als wir denken. Präventiv kann uns die Bundesregierung offensichtlich nämlich zurzeit gar nicht schützen, da sich das zuständige Gesundheitsministerium seit etwa drei Monaten nicht in der Lage zeigt, die dafür benötigte Schutzausrüstung zu organisieren.

Deshalb nun also das politische „Ablenkungsmanöver“ mit der „Wunderapp“. Technologischer Vorsprung als Versagensverschleierung. Datenschützer warnen ihre Mitbürger übrigens ausgiebig davor, ihre Bewegungsdaten freiwillig an öffentliche Einrichtungen preiszugeben! Quasi als Volleinstieg in den Überwachungsstaat. Dabei ist genau diese Form der Handy-Überwachung auch heute schon problemlos möglich. Nur halt nicht legal.

Apropos legal. Noch am 12. März – also einen Tag bevor die hinsichtlich ihrer EU-Vereinbarkeit umstrittene Änderung des Bundesnaturschutzgesetztes, kurz „Lex Wolf“, in Kraft trat – beteuerte das Bundesumweltministerium auf der eigenen Fazebook-Seite noch eindringlich: „Der Wolf bleibt streng geschützt!“

Einen ganz anderen Eindruck erhält man allerdings, wenn man in diesen Tagen nach Niedersachsen blickt. Dort hat man – einer aktuellen Pressemeldung zufolge – mal eben drei „Problemwölfe“ zum Abschuss freigegeben.

Als Argument dafür dient u.a. die Begründung, dass nicht nur ein, sondern gleich zwei Wolfsrudel an „mehrfachen Rissen von (angeblich) ausreichend geschützten Nutztieren“ beteiligt waren. (*1)

Deshalb kommt man dort nun zu dem Schluss, dass „eine Ausnahme für je einen Wolf des Rudels Eschede sowie Ebstorf erforderlich ist“.

ERFORDERLICH ist…!!!

Man höre und staune! Den Schöpfer dieser These möchte ich gerne einmal persönlich kennenlernen. Nur um herauszufinden, auf welche stichhaltige Quelle sich ein Mensch, der andere derart hinter die Fichte zu führen versucht, eigentlich wirklich beruft.

Vielleicht handelt es sich ja sogar um denselben „Experten“, der seinerzeit im Zusammenhang mit dem Rodewalder Wolfsrüden behauptete, dass sich Rinderherden selbstständig vor Wölfen schützen können und spezielle Zäune deshalb verzichtbar seien. Doch so einfach ist es nun mal nicht. Das hätte seinerzeit ein Blick nach Ostdeutschland selbst einem schlichten Gemüt schnell gezeigt.

Kurzum: Wissenschaftlich belastbar ist die ERFORDERLICHKEIT des Abschusses eines beliebigen Wolfes aus einem Rudel heraus meines Wissens nirgendwo belegt.

Insofern spricht erneut vieles dafür, dass Niedersachsen in Fragen des Wolfsmanagements mal wieder weit unter seinen Möglichkeiten agiert. Das tut es, seitdem dieser Umweltminister im Amt ist, ständig.

Olaf Lies selbst wirbt allerdings in seinen begründenden Worten für die Abschüsse damit, dass die Akzeptanz in der Gesellschaft nicht kippen darf. Auch deshalb halte er die Abschüsse für erforderlich.

Als Kernfrage könnte sich über kurz oder lang allerdings eine ganz andere Fragestellung herausstellen: Wie bitteschön soll überhaupt erst Akzeptanz entstehen, wenn das unter seiner Verantwortung auf den Weg gebrachte handwerklich schlecht gestrickte Gesetz nun absehbar dauerhaft für juristische Streitereien sorgt?

Nichts anderes ist nämlich zu erwarten, weil die „Lex Wolf“ nach Meinung zahlreicher Experten in weiten Teilen nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist.

Die Akzeptanz des Olaf Lies selbst dürfte bislang bereits stark durch die Diskussion um den geplanten Abschuss des Rodewalder Wolfsrüden gelitten haben. Seinen Worten nach stellte dieser Wolf den lebenden Beweis dafür dar, dass das bisherige Bundesnaturschutzgesetz in seiner alten Form durch seinen Individualisierungszwang „untauglich“ gewesen sei.

Objektiv gesehen muss man die Wolfsjagd nach dem Rüden in den letzten 14 Monaten allerdings als äußerst miserabel begründet und gemanagt bewerten. Olaf Lies selbst gab – neben den wie auch immer engagierten „Wolfsjägern“ – über die gesamte Zeit eine außerordentlich schlechte Figur ab. Besonders, weil er relevante aber für ihn unliebsame Wahrheiten einfach beiseiteschob, verdrehte oder offenbar bewusst ausblendete.

Jedem halbwegs gescheiten Kopf mag es darüber hinaus zumindest arrogant vorkommen, wie dieser Minister jetzt auch noch versucht, aus der statistischen Fallzahl eins irgendeine Evidenz abzuleiten.

Für wieder andere ist das Missmanagement rund um den Rodewalder Wolf schlichtweg der lebende Beweis für die Inkompetenz des politischen und fachlichen Wolfsmanagement-Systems in Niedersachsen schlechthin. Und auch hier fängt  – quasi systemimmanent – der Fisch vom Kopf her an zu… .

Die vorläufige Krönung dieser Entwicklung kann man der aktuellen MU-Pressemeldung entnehmen: Darin weist man aus dem Umweltministerium heraus offenbar bereits einzelne Landkreise an, Ausnahmegenehmigungen für Wolfsabschüsse zu erteilen…

Sind das bereits Vorläufer einer eigenständigen Liesschen „Wolfsdiktatur“?

Ich selbst gehöre übrigens zu der Personengruppe, die die Argumentation dieses Umweltministers zum Thema Wolf zu keinem Zeitpunkt logisch fundiert, vollumfänglich eruiert, wissenschaftlich nachvollziehbar oder auch nur annähernd an den Fakten orientiert schlüssig fand. Juristisch fragwürdig scheinen große Teile seiner Argumentationslinie darüber hinaus zu sein. Wie man vielen Kommentaren entnehmen konnte…

Was zahlt dann am Ende eigentlich noch auf das persönliche Akzeptanzkonto dieses Politikers ein? Bei einem, der öffentlich doch so um Akzeptanz bemüht ist?

So sehr unterscheiden wir uns manchmal vielleicht gar nicht von den Amerikanern…

Nachdenklich!

Ihr

Jürgen Vogler


Quelle: umwelt.niedersachsen.de, PI 33/2020, „Nach massiver Häufung von Nutztierrissen: Land gibt drei problematische Wölfe zum Abschuss frei“, abgerufen am 6.4.2020, hier der Link!