Petra Ahne: „In den Augen der tödlich verletzten Wölfin erlosch ein wildes grünes Feuer“… – Wolfsmonitor

Petra Ahne: „In den Augen der tödlich verletzten Wölfin erlosch ein wildes grünes Feuer“…

…“Wildtiermanagement ist vergleichsweise einfach“, hat ein Mann namens Aldo Leopold vor etwa achtzig Jahren gesagt. „Die Menschen zu managen ist das Schwere.“ Der amerikanische Forstwissenschaftler Leopold gilt als der Begründer des Wildtiermanagements, also des Versuchs, die Bedürfnisse wildlebender Tiere mit denen der Menschen in Einklang zu bringen.

Was ihn vor allem in den USA bis heute zu einer Ikone des Umweltschutzes macht, sind die Aufsätze, in denen er seinen Blick auf die Natur in poetische, kraftvolle Worte gefasst hat – und es ist kein Zufall, dass im Zentrum seines berühmtesten Textes ein Wolf steht.

In Thinking like a mountain beschreibt Leopold, wie er einmal an einem Flussufer auf eine Wölfin und ihre Jungen schoss – er war jung, der Finger am Abzug saß locker und sowieso war er der Meinung, dass Wölfe beseitigt gehören.

Als er näherkam, um sein Werk anzusehen, sah er der tödlich verletzten Wölfin in die Augen, in denen ein „wildes grünes Feuer“ langsam erlosch. Etwas passierte mit ihm.

„Ich war damals jung und schießwütig“, schreibt Leopold. „Ich dachte, weil weniger Wölfe mehr Wild bedeuten, müssten gar keine Wölfe ein Paradies für Jäger bedeuten. Aber nachdem ich das grüne Feuer hatte sterben sehen, spürte ich, dass weder der Wolf noch der Berg da zustimmten.“

Ein Funke des Feuers war übergesprungen und glomm im Herzen Aldo Leopolds offenbar lange vor sich hin – es sollte fast vierzig Jahre dauern, bis er mithilfe dieser persönlichen Erweckungsgeschichte ein Naturverständnis formulierte, das ihn zum Vordenker ökologischer Bewegungen machte.

Der Mensch nicht mehr als Eroberer, sondern als schlichtes Mitglied einer natürlichen Ordnung, die sich selbst in Balance hält. Der Wolf, stellvertretend für alle Raubtiere, ist nicht mehr Störfaktor, sondern Pfeiler dieser Ordnung, und die Instanz, die das Wissen darum in sich trägt, ist nicht etwa der Mensch, sondern die Natur: „Vielleicht hat nur der Berg lang genug gelebt, um dem Heulen der Wölfe unvoreingenommen zuzuhören“.

Der Wolf hat ein Recht zu leben und mehr als das: Ohne ihn geriete die Balance ins Wanken. Wildtiermanagement wird so zur Verpflichtung für den Menschen.“…


Quelle: Petra Ahne: „Wölfe“, aus der Matthes & Seitz-Reihe „Naturkunden“, No. 27,herausgegeben von Judith Schalansky, Erste Auflage, Berlin 2016, S. 101 f., weitere Informationen zur Autorin und zum Buch erhalten Sie, nachdem sie auf das folgende Buchcover „klicken“: