Gesellschaft zum Schutz der Wölfe: Offener Brief an Bundesminister Christian Schmidt – Wolfsmonitor

Gesellschaft zum Schutz der Wölfe: Offener Brief an Bundesminister Christian Schmidt

Gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ äußerte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kürzlich, er schlage vor, der Ausbreitung des Wolfes Grenzen zu setzen. Er plädiere deshalb für eine „beschränkte Abschussfreigabe“ für Wölfe. Als Reaktion darauf veröffentlichte die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. (GzSdW) nun folgenden „offenen Brief“ (im Wortlaut):

„Offener Brief der GzSdW an den Bundeslandwirtschaftsminister wegen „beschränkter Abschussfreigabe“ für Wölfe“

„Sehr geehrter Herr Minister Schmidt,

mit Erstaunen haben wir Ihre Äußerungen in der „Passauer Neuen Presse“ zum Wolfsvorkommen in Deutschland, die in direktem Gegensatz zum Vorgehen des für den Artenschutz zuständigen Bundesumweltministeriums stehen, zur Kenntnis nehmen müssen.

Dort haben Sie sich, wenn man dem Bericht glauben darf, für eine „beschränkte Abschussfreigabe“ für Wölfe ausgesprochen, „um der Ausbreitung Grenzen zu setzen.“ Eine derart pauschale Aufweichung des durch EU-Recht festgesetzten Schutzstatus für Wölfe, wie sie auch von anderen Politikern der CDU/CSU derzeit geführt wird, sehen wir aus verschiedenen Gründen als nicht zielführend an.

Der Wolf war hierzulande ausgerottet, nun nimmt der Bestand in Deutschland langsam wieder zu. Nach wie vor ist der Wolf eine seltene und bedrohte Art und deshalb streng geschützt. Die Ausbreitung der Wölfe, ein Erfolg für den Artenschutz in einer Zeit, in der immer mehr Tierarten verloren gehen, erfolgt nicht „grenzenlos“, sondern ganz einfach nach biologischen Regeln. Es werden nach und nach geeignete Lebensräume, die es auch in Deutschland noch in großer Zahl gibt belegt.

Eine Debatte über „erlaubte Wolfszahlen“ oder „Obergrenzen“ der Population ist derzeit in Deutschland nicht erforderlich und rechtlich überhaupt nicht zulässig, denn sie würde eine von der EU zustimmungspflichtige Änderung des Schutzstatus erfordern.

Wie Ihnen sicher bekannt ist, dauern derartige Prozesse – unabhängig von der Sinnhaftigkeit – sehr lange, so dass die vorhandenen Probleme der Nutztierhalter, für die Sie sich damit sicher in erster Linie einsetzen wollen, damit aktuell nicht gelöst werden können.

Hier wäre es wesentlich effektiver, wenn sich Ihr Ministerium an den Bemühungen, den Schutz der Nutztiere durch spezielle Zäune und Herdenschutzhunde zu unterstützen und diese Maßnahmen ausreichend zu finanzieren, verstärkt beteiligen würde.

Solche Maßnahmen müssen derzeit immer noch teilweise von der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe durch Beratung und finanzielle Förderung ermöglicht werden. Zudem wäre z.B. auch an eine Verbesserung der Prämien für Weidetierhalter, die Landschaftspflege in Wolfsgebieten betreiben zu denken, um den größeren Arbeitsaufwand, der durch die Schutzmaßnahmen entsteht auszugleichen.

Ein Versuch, durch Abschuss von Wölfen Übergriffe auf Nutztiere zu vermeiden wird in der Regel nicht erfolgreich sein, denn meist muss festgestellt werden, dass Fehler beim Schutz der Tiere gemacht wurden.

Wenn solche Fehler nicht abgestellt werden, kann auch der Abschuss einzelner Wölfe keine Abhilfe schaffen. Im Gegenteil kann durch die Zerstörung von Rudelstrukturen sogar ein Anstieg von Schäden verursacht werden.

Die legale „Entnahme“, das heißt im Klartext Tötung einzelner Wölfe, die zum Beispiel immer wieder geschützte Nutztiere erbeuten oder sich dem Menschen gegenüber auffällig verhalten, ist bereits heute erlaubt und in einzelnen Fällen auch schon erfolgt.

Die geltende Rechtslage zum jetzigen Status des Wolfs reicht dafür völlig aus. Entsprechende Regelungen sind schon derzeit Bestandteil der Managementpläne der Bundesländer und werden aufgrund der in den vergangenen mehr als 15 Jahren gemachten Erfahrungen ständig weiterentwickelt.

Deshalb möchten wir Sie bitten, sich nicht gegen den Artenschutz zu stellen, sondern der für uns alle wichtigen Weidetierhaltung bei der Lösung der ohnehin erheblichen strukturellen Probleme, die durch den Wolf noch sichtbarer werden, zu helfen und möglichst rasch ein bundesweites „Kompetenzzentrum für den Herdenschutz“ aufzubauen, ähnlich der „Zentralen Dokumentations- und Beratungsstelle für den Wolf“ des Bundesumweltministeriums.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Blanché

1. Vorsitzender der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V.


Quelle: Offener Brief der GzSdW vom 9.1.2017, hier der Link!