Seit 2007: 57.000€ Schadenssumme für vermeintliche „Wolfsschäden“ in Mecklenburg-Vorpommern – Wolfsmonitor

Seit 2007: 57.000€ Schadenssumme für vermeintliche „Wolfsschäden“ in Mecklenburg-Vorpommern

Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt in Mecklenburg-Vorpommern (LM) informierte gestern (21. Juni 2017, im Wortlaut):

„Land will Bauern im Zusammenhang mit dem natürlichen Wiederauftreten des Wolfes unterstützen“

Nr. 195/2017 vom 21.06.2017 – Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt (LM)


Die Angst vor dem Wolf wächst vor allem in ländlichen Gebieten. In Mecklenburg-Vorpommern findet heute Abend (21. Juni 2017, 20 Uhr) – organisiert vom Bauernverband Ludwigslust/Parchim und dem brandenburgischen Nachbarbauernverband Prignitz – das erste Mahnfeuer anlässlich der Wiederansiedlung des Wolfes statt. Auch Dr. Jürgen Buchwald, Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt MV, wird an der Veranstaltung auf einer Fläche der Agrarland Steesow GmbH teilnehmen.

„Die Debatte zum Umgang mit dem Wolf ist richtig und wichtig, gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern. Die Landschaft im Nordosten ist für Wölfe ein nahezu idealer Lebensraum. Hier finden sie noch unzerschnittene Landschaften und ausreichend Nahrung. Gleichzeitig ist unser Land stark agrarisch geprägt. Die Weidehaltung ist traditionell ein wichtiges Glied der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung dieser Region und wird seitens des Landes befürwortet. Damit besteht ein Konfliktpotential, dass unbestreitbar mit der Rückkehr des Wolfes verbunden ist.

Die Sorgen der Landwirte nehmen wir sehr ernst. Nicht ohne Grund haben wir bereits im vergangenen Jahr ganz MV mit Ausnahme der Ostseeinseln zum Wolfsgebiet erklärt und so die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen auf größerer Fläche ermöglicht. Natürlich ist unsere Arbeit damit nicht getan. Gerade mit Blick auf die dynamische Populationsentwicklung müssen bundesweit abgestimmte Lösungen her. Wir führen dazu sowohl länderübergreifend als auch mit dem Bund entsprechende Abstimmungen. Ziel ist, eine Population sowie Maßnahmen zu definieren, die eine Vereinbarkeit der verschiedenen Anforderungen an die Kulturlandschaft auch zukünftig ermöglicht. Der Austausch mit den Landwirten ist dabei von großer Bedeutung. Die Teilnahme an dem heutigen Mahnfeuer ist für mich daher selbstverständlich“, so Buchwald im Vorfeld des Termins.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde der erste sesshafte Einzelwolf im Jahre 2006 bestätigt. Bis zum Jahr 2013 war insgesamt zunächst von 3 Einzeltieren auszugehen, im Bereich der Lübtheener Heide, der Ueckermünder Heide und in der südlichen Müritz-Region im Grenzbereich zwischen den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Seit 2014 konnte in den Bereichen der Lübtheener Heide und der Ueckermünder Heide jeweils Nachwuchs nachgewiesen werden (Lübtheen: mindestens 5, 6 und 4 Welpen; Ueckermünde: mindestens 4, 7 und 6 Welpen). Dank Wildkamerafotos vom Januar 2017 konnte ein drittes Rudel mit mindestens 4 Welpen im Bereich der Kalißer Heide nachgewiesen werden.

Die Zahlen zeigten die regionale Betroffenheit des Landkreises Ludwigslust-Parchim, so Buchwald. Dass die Landwirte der Region auf diese Entwicklung aufmerksam machen wollen, sei nachvollziehbar. „Dennoch bitte ich die Betroffenen darum, die Herausforderungen, die mit der Rückkehr des Wolfes verbunden sind, nicht auszunutzen, um generell Stimmung gegen ihn zu machen. Die Gefahr für den Menschen ist erwiesenermaßen gering. Über Jahrzehnte sind keine Fälle aus Europa bekannt geworden, in denen ein Mensch von einem Wolf angegriffen wurde.

Dennoch haben wir bereits jetzt die Möglichkeit, verhaltensauffällige Wölfe oder Hybride auf Basis des Bundesnaturschutzgesetzes oder des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zu töten. Auch können Übergriffe auf Nutztiere durch konsequente Herdenschutzmaßnahmen in der Regel deutlich minimiert werden. Positiv zu bewerten ist vor diesem Hintergrund beispielsweise, dass es im Bereich Ludwigslust-Parchim im Jahre 2017 bislang erst zu einem Übergriff im Zusammenhang mit Wölfen kam. In diesem Fall war 1 Sikahirsch zu Schaden gekommen. Diese Seite der Medaille müssen wir ebenfalls zur Kenntnis nehmen, wenn wir über den weiteren Umgang mit dem Wolf diskutieren“, sagte er weiter.

Die Tiere vollständig auf bestimmte Gebiete zu beschränken hält Buchwald für unrealistisch: „Wölfe sind hoch mobil und äußerst anpassungsfähig. Die Auswertung der GPS-Daten besenderter Wölfe belegt, dass die Tiere Strecken von mehreren hunderten Kilometern innerhalb weniger Wochen zurücklegen. Wir können praktisch live miterleben, wie sich die Tiere ehemals angestammte Territorien und Wanderrouten zurückerobern. Das bedeutet im Umkehrschluss: Selbst wenn man einzelne Rudel entnehmen würde, löst das nicht das Problem von durchwandernden Wölfen.

Unsere Aufgabe muss daher sein, die Landwirte im Zusammenhang mit dem natürlichen Wiederauftreten des Wolfes zu unterstützen. Ich denke dabei insbesondere auch an Tierhalter, die ihre Flächen beispielsweise mit Blick auf besondere Flächengrößen nicht ohne Weiteres vollständig wolfssicher einzäunen können.“

Grundsätzlich kämen alle Seiten – ob Landwirt, Naturschützer oder Tierschützer – nicht umhin, ihr Handeln immer wieder zu hinterfragen und an aktuelle Entwicklungen anzupassen, betonte Buchwald. Der Wolf sei Teil unseres Ökosystems und gehöre natürlicherweise hierhin. Er ließe sich weder einsperren noch aussperren. Risiken müssten immer wieder neu bewertet und losgelöst von Partikularinteressen ehrlich kommuniziert werden.

Hintergrundinformationen zu Rissvorfällen

Entsprechend den Zielstellungen des im Jahre 2010 erstellten Managementplans für den Wolf in Mecklenburg-Vorpommern ist das Land bestrebt, tatsächlich auftretende Schadensfälle im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel auszugleichen, soweit die Schadensfälle der Art Wolf zuzuordnen sind oder die Art Wolf als Schadensverursacher nicht ausgeschlossen werden kann.

Nachfolgende Tabelle enthält Aussagen zu den bislang im Land Mecklenburg-Vorpommern aufgetretenen Rissvorfällen, bei denen ein Wolf als Verursacher festgestellt oder nicht ausgeschlossen werden konnte:

JahrVorfälleAnzahl Tiere

(tot/verletzt)

2007621/3
2008429/12
2009111/8
201000
2011220/4
2012215/4
201327/2
2014936/10
20151336/16
20161448/24
20171028/11

Im Zusammenhang mit den 63 Schadensfällen seit dem Jahre 2007 – bei denen ein Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen werden konnte – wurden insgesamt 251 Tiere getötet und 94 Tiere verletzt. Bezogen auf die Nutztierarten ergibt sich folgende Aufschlüsselung (tot/verletzt): Schafe 223/88, Ziegen 0/2, Rentiere 3/2, Sikahirsch 1/0, Gatterwild 20/1, Rinder 4/0, Pferde 0/1. Die vom Land beglichene Schadenssumme beläuft sich in der Summe bislang auf insgesamt etwa 57.000 €.

Präventionsmaßnahmen wurden seit 2013 (Veröffentlichung der FöRi Wolf) mit etwa 290.000 € gefördert (davon im Jahre 2016 etwa 62.000 € und 2017 bereits etwa 118.000 €).


Quelle: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt in Mecklenburg-Vorpommern, www.regierung-mv.de, PM-Nr. 195/2017 vom 21.06.2017: „Land will Bauern im Zusammenhang mit dem natürlichen Wiederauftreten des Wolfes unterstützen“, abgerufen am 21.06.2017, hier der Link!


Beitragsfoto: Heiko Anders, www.andersfotografiert.com

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