Hans-Dieter Pfannenstiel, bis zum Jahr 2008 Hochschullehrer mit dem Schwerpunkt „marine wirbellose Tiere“ und außerdem Verfasser von Artikeln, die in einschlägigen Jagdmagazinen veröffentlicht wurden, will derzeit offenbar nicht nur den „selbsternannten Öko Gurus“ (so nannte er einst GRÜNE-Parteimitglieder – in seinem aktuellen Beitrag spricht er zudem von „Ökofantasten“) beim Thema Wolf die Leviten lesen, sondern augenscheinlich auch gleich allen Präsidenten der Landesjagdverbände und des Deutschen Jagdverbandes sowie dem Deutschen und dem Brandenburger Bauernverband. (*1)
Als jemand, der sich bereits seit Jahren intensiv mit Wölfen beschäftigt und Pfannenstiels Einlassungen zu den Wölfen seit seinem umstrittenen Gutachten kritisch verfolgt, bin ich nicht weiter überrascht darüber, wie faktenfern dieser „Wolfsexperte mit Professorentitel“ erneut argumentiert.
Gleichzeitig bin ich dankbar dafür, dass „meine“ Professoren es während meiner Hochschulzeit grundlegend anders handhabten.
Auch dieses Mal dürften Pfannenstiels Einlassungen vielerorts wieder Kopfschütteln auslösen. Man lese beispielsweise auszugsweise seine Argumente,
- warum Wölfe seines Erachtens auch in Deutschland bejagt werden können…(weil man es z.B. im Ausland auch tut),
- seinen Befund, dass es in der DDR angeblich einen gesellschaftlichen Konsens zur konsequenten Erlegung von Wölfen gab… (was dort Konsens war, wurde bekanntlich nicht von der Bevölkerung festgelegt)
- oder dass die Konflikte mit Wölfen „möglicherweise unbeherrschbar werden“… (möglicherweise aber eben auch nicht – Anmerkung mit freundlichem Gruß aus der Redaktion).
Quasi belustigend finde ich auch Pfannenstiels Argument, dass es in Mitteleuropa „selbstverständlich“ deshalb keine Übergriffe von Wölfen auf Menschen in jüngerer Zeit gab, weil es dort bis 2001 angeblich nur sehr wenige Wölfe gab.
Die Tatsachen sprechen nämlich auch hier für sich: In Mitteleuropa gab es in den letzten Jahrzehnten durchgehend mehrere tausend Wölfe. Passiert ist bekanntlich trotzdem nichts.
Auch die Befürchtung Pfannenstiels, das deutsche Jagd- und Reviersystem könnte durch den Wolf und die ihm zugewandten NGO`s „untergraben“ werden, käme ehrlicherweise nur dann zum Tragen, wenn die grauen Beutegreifer in genau dieses Jagdsystem integriert werden müssten.
Das ist jedoch jenseits der einschlägigen Echokammern von Land- und Forstnutzern höchst umstritten und aller Wahrscheinlichkeit sowie dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nach auch völlig unnötig.
Das staatliche und auch wissenschaftlich begleitete Wolfsmanagementsystem mit Monitoring, Herdenschutz und Problemalgorithmen müsste nach Ansicht etablierter Experten bloß bundesweit implementiert, aufrechterhalten und gemeinsam weiterentwickelt werden, da große Beutegreifer in Kulturlandschaften sowieso einer gesonderten Betrachtungsweise unterliegen müssen.
Dann würde sich zwar das, was Pfannenstiel „ein Unding“ nennt, zur Regel entwickeln, aber jeder Fortschritt bringt üblicherweise auch einige neue Prinzipien mit sich.
Das mag für einen sich seit Jahren im Ruhestand befindlichen Pensionär vielleicht ungewöhnlich klingen, für einen im aktiven Berufsleben stehenden Akteur ist das jedoch in einer sich immer schneller drehenden Welt quasi zur täglichen Selbstverständlichkeit geworden.
Ich könnte jetzt hier noch weitere strittige Thesen Pfannenstiels aufgreifen (z.B. die Stichworte Naturschutz, NABU und das aktive Schüren des Professors von Ängsten), weiß jedoch gerade nicht, warum ich zusätzliche wertvolle Freizeit für die zweifelhaften Argumente eines offensichtlich zur Selbstüberschätzung neigenden Jagdautors „investieren“ soll.
Ach ja, liebe Leserinnen und Leser. Wenn Sie zum guten Schluss auch noch verstehen wollen, was einen einzelnen Menschen wie diesem Professor dazu bewegen mag, proaktiv zugleich alle deutschen Jäger- und darüber hinaus mehrere Bauernpräsidenten mit seinen (zweifelhaften) Botschaften versorgen zu wollen, fragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker.
Der Journalist Jens Bisky bemerkte einmal, dass nicht allein die Verunsicherung, sondern die Gewissheit, im Besitz der Wahrheit zu sein, Populisten auszeichnet.
Wem von uns beiden Sie, liebe Leserinnen und Leser, nun abschließend mehr glauben – also dem Professor oder mir – muss ich demgemäß ganz allein Ihnen überlassen.
Am Ende berührt es mich allerdings, dass ausgerechnet dieser Herr vorgibt, um die Akzeptanz für den Wolf besorgt zu sein.
Und das, obwohl erst kürzlich wissenschaftlich seriös belegt wurde, dass die legale Bejagung von Wölfen NICHT zur Akzeptanz dieser Beutegreifer beiträgt (Wolfsmonitor berichtete, hier!).
Er scheint halt nicht ganz auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand zu sein, der bereits seit vielen Jahren emeritierte Herr Professor…
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler
Quelle: (*1)Jawina: „Der Wolf in unserer Kulturlandschaft – geht das konfliktfrei?“, abgerufen am 26.3.2018, hier der Link!