Derzeit überschlagen sich die Wolfsnachrichten. Doch anders als üblich, kommen sie zurzeit immer häufiger aus Berlin. Der Grund: Kürzlich soll Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) nicht nur mehr Schweinefleisch an deutschen Schulen gefordert haben, sondern auch eine „begrenzte Abschussfreigabe“ für Wölfe. Ob er in diesem Zusammenhang von „Obergrenzen“ gesprochen hat, ist allerdings nicht überliefert. (*1)
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann aus Leer, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Bereiche Landwirtschaft und Ernährung, Kirchen und Petitionen, äußerte – darauf angesprochen – gegenüber der Nordwest-Zeitung:
„Wenn das Märchen vom bösen Wolf zur Wirklichkeit wird, bricht die Akzeptanz für Wölfe in der Bevölkerung weg. Wir dürfen nicht abwarten, bis ein Mensch zu Schaden kommt. Der Abschuss von Wölfen darf kein Tabu sein“, und ergänzte offenbar später, dass die Zahl der „Problem-Wölfe besorgniserregend zunehme“. „Mir scheint, wir sind an einen Punkt angekommen, an dem gehandelt werden muss“, schließt sie. (*2)
NDR-Redakteurin Ulrike Kressel stellte daraufhin in einem Artikel auf www.ndr.de fest:
“Fakt ist hingegen schon längst: Deutschlandweit können sogenannte Problemwölfe geschossen werden, unabhängig davon, wie hoch der Schutzstatus der Tiere per Gesetz geregelt ist.“ … Und: „Als sogenannte Problemwölfe bekannt sind deutschlandweit bislang lediglich zwei Tiere. In Niedersachsen nur besagter „Kurti“. Nach der Tötung des Wolfsrüden hat es in Niedersachsen keine vergleichbaren Ereignisse geben, bei denen sich Wölfe Menschen bis auf wenige Meter genähert haben und somit als „Sicherheitsrisiko“ hätten bewertet werden können.“ (*3)
Der Facebook-Seite des Bundesumweltministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Leitung Bundesministerin Barbara Hendricks) ist seit Freitagnachmittag (6. Januar) neben einem Bild, auf dem zu lesen ist „Keine Abschussfreigabe für Wölfe!“ folgender Hinweis zu entnehmen:
„Der Wolf: Früher war er hierzulande ausgerottet, nun nimmt der Bestand in Deutschland langsam wieder zu. Nach wie vor ist der Wolf eine seltene und bedrohte Art – und deshalb streng geschützt.
Das soll auch so bleiben: Eine „beschränkte Abschussfreigabe“, wie von Bundesagrarminister Schmidt gefordert, lehnen wir ab – sie ist auch gar nicht erforderlich. Die Tötung einzelner Wölfe, die zum Beispiel immer wieder geschützte Nutztiere erbeuten oder sich dem Menschen gegenüber auffällig verhalten, ist bereits heute erlaubt und in einzelnen Fällen auch schon erfolgt. Die geltende Rechtslage zum jetzigen Status des Wolfs reicht dafür völlig aus.“ (*4)
Und auch der Geschäftsführer des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Leif Miller nahm umgehend zur Initiative des Landwirtschaftsministers wie folgt Stellung:
„Der Wolf ist nach nationalem und internationalem Recht streng geschützt. In Deutschland kann es für ihn derzeit überhaupt keine Abschussquote geben, das weiß auch Minister Schmidt. Aber glücklicherweise ist er auch gar nicht zuständig für den Wolf.“
Die von ihm angestoßene Debatte gehe in die falsche Richtung, so Miller. „Die Frage ist nicht ob, sondern wie wir mit dem Wolf leben können. Der Wolf gehört zu Deutschland und er hat hierzulande noch lange keinen stabilen Bestand erreicht. Wir fordern von der Politik, und auch von dem für die Jagd und die Nutztierhaltung zuständigen Minister Schmidt, sich klar zum Schutz des Wolfes zu bekennen. Der NABU lehnt eine Herabstufung des Schutzstatus sowie eine Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht strikt ab.“
Obwohl die Zuwachsraten der Wolfspopulation in Deutschland von manchem derzeit als hoch empfunden würden, seien die Wachstumsraten aus biologischer Sicht vollkommen normal. Auch ohne Eingriffe würden sie wieder abflachen. Mit derzeit 46 Rudeln sei der Wolfsbestand in Deutschland keinesfalls ausreichend stabil.
Mit Blick auf die vielfach diskutieren Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere sieht der NABU in möglichen Abschüssen keine Lösung.
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Bei Übergriffen stellen wir fest, dass es fast immer zu Fehlern beim Schutz der Herden kam. Es wäre falsch, den Landwirten jetzt vorzugaukeln, mit dem Abschuss eines einzelnen Wolfes sei ihnen geholfen. Der Rest des Rudels wird dadurch keine Angst vor Weidetieren bekommen. Die Tötung eines Wolfes ist ein völlig ungeeignetes Mittel zum Schutz von Nutztieren.“ Stattdessen sei es wichtig, die Tierhalter stärker beim Schutz ihrer Herden, beispielsweise durch spezielle Zäune und Herdenschutzhunde, zu unterstützen und diese Maßnahmen ausreichend zu finanzieren.
„Hier ist auch das Bundeslandwirtschaftsministerium und damit Herr Schmidt in der Verantwortung. Ähnlich wie es das Bundesumweltministerium vor einem Jahr mit der Einrichtung einer zentralen Dokumentations- und Beratungsstelle für den Wolf vorgemacht hat, sollte jetzt das Bundeslandwirtschaftsministerium ein Kompetenzzentrum für den Herdenschutz aufbauen.“ (*5)
Quellen (alle abgerufen am 6.Januar 2017):
(*1) Neue Presse, 6.1.2017, hier der Link!
(*2) Nordwest-Zeitung (NWZ-Online), Tobias Schmidt am 6.1.2017, hier der Link!
(*3) NDR, Ulrike Kressel am 6.1.207, hier der Link!
(*4) Facebook-Seite des Bundesumweltministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit am 6.1.2017, hier der Link!
(*5) NABU- Pressedienst am 6.1.207, hier der Link!
Beitragsfoto: Heiko Anders, www.andersfotografiert.com