Wolfscouts – These 4 – Wolfsmonitor

Wolfscouts – These 4

These 4: Wir müssen schnellstmöglich beginnen, zusätzlich zu den Wolfsberatern und Rissgutachtern ausgewiesene Experten für das aktive Wolfsmonitoring (ich nenne sie mal „Wolfscouts“) heranzubilden, damit in Zukunft keine Polizeihubschrauber und Polizeihundestaffeln bei vermeintlich auffälligen Wölfen benötigt werden.


In Niedersachsen und Schleswig Holstein kündigten die für das Wolfsmanagement zuständigen Umweltminister Wenzel und Habeck (beide Grüne) unlängst an, das Wolfsmanagement in ihren Ländern umzustrukturieren, bzw. zu ergänzen. So soll es in Niedersachsen künftig ein Wolfsbüro mit drei Stellen beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) geben, in Schleswig Holstein sollen, so Habeck in einem Interview mit dem NDR am 17. Mai, die „zentralen Figuren“ im Wolfsmanagement künftig zumindest „halbprofessionell“ agieren. Die Koordination für das Wolfsmanagement soll künftig beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) in Flintbek angesiedelt werden. Das ehrenamtliche Engagement der Wolfsbetreuer allein reiche nicht mehr aus, so Habeck.


Professionellere Strukturen
Die politisch Verantwortlichen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein reagieren somit auf die zuletzt hitziger werdende Diskussion um den Wolf in den Medien. Dort – so scheint es – verhärten sich die Fronten zwischen Wolfsbefürwortern und Wolfsgegnern zunehmend. Dabei kann der Schritt in Niedersachsen in Richtung professionellerer Strukturen nicht als Kritik am Wolfsmonitoring an sich gewertet werden, das ja bekanntlich von der Landesjägerschaft koordiniert wird. Die dort eingeleiteten Maßnahmen beziehen sich insbesondere auf die Bearbeitung von Meldungen über Nutztierrisse und die Antragsbearbeitung von Präventionsmaßnahmen, also den administrativen Aufgabenteil. Die Öffentlichkeitsarbeit und Beratungstätigkeit soll darüber hinaus verstärkt werden.


Schleppende Entschädigungszahlungen
Sicherlich sind die geplanten Schritte zur Professionalisierung des Managements von den Verantwortlichen gut zu begründen. Die Bearbeitung von Entschädigungszahlungen für den Riss von Nutztieren zieht sich in der Regel über Monate hin, was nicht zuletzt daran liegt, dass meistens ein genetischer Befund als Beweis eines Wolfsrisses benötigt wird. Vor allem in Niedersachsen, wo – anders als in anderen Bundesländern – nur gezahlt wird, wenn ein Schaden nachweislich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Wölfe verursacht worden ist, wächst der Unmut über den schleppenden Zahlungsausgleich. In anderen Bundesländern werden Nutztierrisse üblicherweise bereits entschädigt, wenn Wölfe als Verursacher nicht ausgeschlossen werden können.


Aufgaben der Wolfsberater
Ob die nun von den Ministerien eingeleiteten strukturellen Maßnahmen genutzt werden, die bisher üblichen Monitoringmaßnahmen um sinnvolle Elemente zu ergänzen, bleibt dennoch abzuwarten.
Nach Ansicht von Wolfsmonitor – und das ist die 4. von bisher 9 Thesen dieser Webseite – ist es unerlässlich, dass Wolfsexperten über Fähigkeiten verfügen sollten, die weit über das bisher übliche Maß hinausgehen.

Bislang haben die Wolfsberater in der Regel die Aufgabe,
• Daten über freilebende Wölfe zu erheben und zu dokumentieren, Fotofallen aufzustellen und auszuwerten sowie eine Erstbesichtigung von vermeintlichen Wolfsrissen vorzunehmen,
• als Ansprechpartner für die Bevölkerung zur Verfügung zu stehen, um Hinweise auf vermeintliche Wölfe zu überprüfen,
• Menschen, insbesondere Tierhaltern, über Ausgleichsmöglichkeiten für entstandene Schäden zu beraten sowie
• Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und über den Wolf lokal zu informieren.


Fehlende Fertigkeiten
Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten fehlen nun, um das Wolfsmanagement wirksam zu ergänzen? Es ist wohl zuallererst die Fähigkeit, rechtzeitig angemessen gegenzusteuern wenn Wölfe „auffällig“ werden. In der 1. These auf Wolfsmonitor wurde bereits – nach dem Modell der „siebenstufigen Geistschen Eskalationsspirale“ – aufgezeigt, dass es sich in der Regel früh abzeichnet, ob und wo Wölfe für Menschen gefährlich werden können. An dieser Stelle gilt es nun anzusetzen, es muss rechtzeitig und mit geeigneten Mitteln gegengesteuert werden, sollten sich die Anzeichen dafür mehren. Die Experten, die dafür gebraucht werden – bisher allerdings fehlen – sollten folgende Aufgaben erfüllen können:

• Sie sollten in der Lage sein, Wolfsverhalten richtig zu deuten und dies angemessen zu kommunizieren,

• Sie sollten Spezialisten im Herdenschutz sein sowie Experten in der Vergrämung und der aversiven sowie appetitiven Konditionierung von Wölfen,

• Sie sollten in der Lage sein, Wölfe „angemessen zu entnehmen“, also demnach in der Distanznarkose geschult sein. Sollte ein Wolf aufgrund seines abnormalen aggressiven Verhaltens „final entnommen werden müssen“, also abgeschossen werden müssen, sollten allein diese geschulten Experten es sein, die dies vornehmen dürfen,

• Sie sollten in der Lage und dazu ermächtigt sein, zu beurteilen, ob ein Wolf, der z.B. bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, eingeschläfert werden muss und dies auch selbst tierschutzgerecht vornehmen können und dürfen,

• Sie sollten wissenschaftliche Projekte der Freilandforschung unterstützen können,

• Sie sollten in enger Zusammenarbeit mit den Jagdrevierinhabern flächendeckend den jeweiligen „Status Quo“ der lokalen Wolfsvorkommen in regelmäßigen Abständen erfassen.

• Sie sollten Wolfsspürhunde, insbesondere Kotspürhunde – wie es sie in Nordamerika bereits gibt – ausbilden und führen,

• Sie sollten als Team mit Wolfsspürhunden und Distanznarkoseexperten dazu in die Lage versetzt werden, Wölfe jederzeit erfolgreich aufzuspüren und bei Bedarf aus einem Revier mit einem Ausmaß von 250 bis 350 Quadratkilometern gezielt entnehmen zu können,

• Sollte zudem – nach dem Erreichen des „günstigen Erhaltungszustandes“ der Wolfspopulation – künftig eine „Bestandsregulierung“ vorgenommen werden müssen, sollten es allein diese Experten sein, die den Bestand nach wissenschaftlichen Vorgaben regulieren,

• und natürlich sollten sie das bisherige Wolfsmonitoring unterstützen.


„Wolfsscouts“ als Lösung?!
Dieses Expertenprofil der – wie ich sie nenne, um Verwechselungen mit den Wolfsbetreuern zu vermeiden – „Wolfscouts“ geht weit über das Aufgabenprofil der zurzeit aktiven ehrenamtlich tätigen Wolfsberater hinaus. Eine Erkenntnis der jüngsten Ereignisse um die ersten vermeintlich auffälligen Wölfe in Deutschland sollte aber sein, dass dieser qualitative Quantensprung im Wolfsmanagement schnell gelingen müsste, damit die noch labile Akzeptanz der Wölfe in der Bevölkerung nicht weiter gefährdet wird. Es dürfte insbesondere die ängstlichen Teile der Bevölkerung beruhigen, wenn Experten in ihrer unmittelbaren Umgebung die Wölfe ständig im Auge behalten. Einem unbelehrbaren Teil der Bevölkerung würde darüber hinaus die unberechtigte Hoffnung genommen werden können, dass Wölfe in naher Zukunft durch die Übernahme ins Jagdrecht bejagt werden dürfen.

Wolfsscouts sollten idealerweise in allen Wolfsgebieten vorhanden sein und über ein besonderes Persönlichkeitsprofil verfügen. Sie sollten aufgrund ihrer erstklassigen Qualifikation sowohl von den Jägern, als auch von den anderen Natur- und Artenschutzverbänden sowie von der lokalen Bevölkerung akzeptiert werden können, also konsensfähig sein. Deshalb sollte es sich bei den Wolfscouts um Persönlichkeiten handeln, die es bereits heute verstehen, den ideologischen Spagat zwischen Jagd und Artenschutz problemlos zu meistern und dabei das Vertrauen der Bevölkerung als integre Persönlichkeiten zu bewahren. Es gibt zahlreiche solcher Menschen, ich selbst kenne einige.


Gemeinnützige Hilfsorganisation
Die Organisation der Wolfsscouts als „Hilfsorganisation“ in einem gemeinnützigen „operativen Verein“ würde – begleitet durch einen entsprechenden Förderverein – zudem eine angemessene Finanzierungsbeteiligung jener Menschen ermöglichen, die den Wolf in gezielter Weise schützen wollen. Die vollumfängliche Finanzierung dieser Wolfsprofis aus den Haushalten von Bund und Ländern würde heute vermutlich aus politischen Gründen nicht darstellbar sein. Deshalb ist für die Gründung eines solchen Vereins privates und gesellschaftliches Engagement gefragt. Vielleicht sollten die Verbände, die den Wolf bereits heute aktiv schützen, einmal über eine entsprechende gemeinsame Initiative nachdenken!


Sollte sich das derzeitige Engagement der Verantwortlichen des Wolfsmanagements bei den Anpassungen der Strukturen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein inhaltlich dieser gedanklichen Linie annähern, dürfte das als überaus positives Zeichen für den Wolfsschutz und natürlich auch für den vermeintlichen Schutz der Menschen gewertet werden. Man scheint allerdings eine „Politik der kleinen Schritte“ zu bevorzugen.

Herzlichst

Ihr

Jürgen Vogler

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