„Die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen streben ein bundesweites Wolfsmanagement an, um „bessere“ und „rechtssichere“ Regeln im Umgang mit der Tierart Wolf zu schaffen. Dafür wurde ein 10- Punkte- Plan ausgearbeitet und dem Bundesrat übergeben.
Dokument Drucksache 481/18: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2018/0401-0500/481-18.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Leider zielt die Mehrzahl der aufgeführten Punkte schlicht darauf ab, Wölfe zu schießen und Wolfspopulationen zu regulieren.
Zu begrüßen sind die Punkte 7 – 9:
Auch der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. besteht seit langem auf eine 100%ige und umfassende Unterstützung der Weidetierhalter für Prävention und Kompensation. Die unter Punkt 8 geforderte Weidetierprämie trägt zusätzlich zur Entlastung bzw. zur Verbesserung der Allgemeinsituation Weidetierhalter bei. Beim genaueren Hinsehen werfen die übrigen Punkte einige Fragen zum Inhalt und der Sinnhaftigkeit auf.
Zu Punkt 1
Dort wird eine Regulierung des Wolfes gefordert, um angeblich Menschen und Weidetiere vor dem Wolf zu schützen.
Fragen:
Sie sprechen von einer dynamischen Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland und gleichzeitig von einer lokalen oder regionalen Regulierung.
- Wie soll bei einer lokalen oder regionalen Regulierung der günstige Erhaltungszustand national zugesichert werden?
- Wie und wer setzt diese Regulierung um?
- Sind die lokal ansässigen Jagdausübungsberechtigten dafür vorgesehen?
- In welcher Höhe werden die Kosten für eine Regulierung angesetzt: Einmal für die Regulierung selbst und einmal für die voraussichtliche Strafe, die Deutschland zu erwarten hätte?
„Tierhaltung im Freiland soll auch dort dauerhaft möglich sein, wo Prävention nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Aufwand umsetzbar ist“
- Wie definiert sich ein „unverhältnismäßig hoher Aufwand“?
- Wo und warum ist Prävention nicht umsetzbar?
Nicht zu vergessen ist, dass wir bereits Verluste an Wölfen durch Straßenverkehr und illegale Jagd zu verzeichnen haben.
- Inwiefern hat sich die Situation für Mensch und Weidetier verbessert?
- Wie viele Zäune sind deswegen weniger aufgestellt worden?
Zu Punkt 2
Geschickt getarnt unter der Wortklauberei „ernste“ oder „erhebliche“ Schäden strebt dieser Punkt den Abschuss von Wölfen an. Der Kernpunkt ist der Passus im Artikel 16 Abs.1 e)
„um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von der zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhang IV zu erlauben“
Im Klartext wird eine selektive Ausnahme ohne vernünftigen Grund beantragt! Wir gehen nicht davon aus, das dieses Anliegen in den Fachausschüssen Zustimmung findet und Rechtskonform umgesetzt werden kann.
Zu Punkt 3
Frankreich soll als Referenz für Deutschland im Umgang mit dem Wolf dienen. Dass Frankreich auf Grund der Wolfsabschüsse unter strenger Beobachtung der EU-Kommission steht und da nur bisher noch kein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet worden ist, sollte ihnen bewusst sein.
Wir wiederholen folgende Fragen:
- Wie viele Zäune wurden in Frankreich weniger gebaut, weil dort eine Quotenjagd eingeführt worden ist?
- Was kostet die Quotenjagd in Frankreich und wer bezahlt diese?
- Inwiefern sind die Kosten für Herdenschutz gesunken durch die Quotenjagd?
- Haben sich die Übergriffe auf Weidetiere minimiert durch die Quotenjagd?
Zu Punkt 4
Für den Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. steht die Sicherheit der Menschen zweifelsohne an erster Stelle. Allerdings ergibt sich aus unserer Sicht nicht zwangsläufig eine Gefährdung für Menschen bei sporadischer Annäherung und Nutzung von menschlichen Strukturen durch Wölfe. Ferner werden hier „wolfsfreie Zonen“ gefordert. Der Bevölkerung wird durch die permanente Forderung nach „wolfsfreien Gebieten“ suggeriert, dass das Auftauchen von Wölfen tatsächlich verhindert werden kann.
- Wie sollen „wolfsfreie Zonen“ auch vor dem Hintergrund des Wanderverhalten der Wölfe und der Sicherstellung des günstigen Erhaltungszustands gewährleistet werden und wie hoch sind die Kosten dafür?
Zu Punkt 5
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die drei Bundesländer endlich öffentlich die Zentral-Europäische Flachlandpopulation (ZEP), deren Verbreitungsgebiet Deutschland und Westpolen ist, offiziell anerkennen!
Zu Punkt 6
Forderung nach jährlicher Bewertung des günstigen Erhaltungszustandes.
Frage: Welchen Grund gibt es für diese Forderung? Da unter Punkt 5 die ZEP als eigenständige Population anerkannt wurde und jedes Jahr eine Zusammenkunft der zuständigen Fachbehörden der Länder zum Austausch über die Wolfsnachweise stattfindet, ist diese Forderung sinnfrei.
Selbst wenn der günstige Erhaltungszustand des Wolfes in der ZEP eines Tages festgestellt werden sollte, was würde dieser Zustand am Wolfsmanagement ändern?
Zu Punkt 10
Hier wird eine “…wissenschaftlich fundierte Abschätzung über den gesamten Bestand der Wölfe aufzunehmen“ erbeten.
Wir fragen uns, inwiefern eine Schätzung wissenschaftlich fundiert sein kann? Sie begründen diese Forderung mit der Akzeptanz des Wolfsmanagement in der Öffentlichkeit. Da die Rudelgröße* jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt wird immer nur eine Schätzung möglich sein.
*Die Rudelgröße schwankt damit meist zwischen 4 und 8 Tieren“ Quelle: Der_Wolf_in_Niedersachsen_Grundsätze_und_Maßnahmen_im_Umgang_mit_dem_Wolf_November_2010 [1]. Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Archivstraße 2, 30169 Hannover
Was kann die Bundesregierung bzw. was können die Bundesländer verbessern?
Der sachliche, fachliche und transparente Umgang aller Belange um den Wolf ist wesentlicher Bestandteil zur Akzeptanz des Wolfes in Deutschland. Dafür haben die Fachbehörden der Bundesländer im Jahr 2016 die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) eingerichtet, worauf alle Länder zugreifen können:
„Zu unseren Aufgaben gehört es, die Behörden von Bund und Ländern bei Fragen zu wildlebenden Wölfen zu beraten und die in den Bundesländern erhobenen Daten zum Wolfsvorkommen bundesweit zusammenzufassen und in aufbereiteter Form der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.“ (www.dbb-wolf.de)
Die Angebote dieser Einrichtung sollten die Länder und der Bund nicht nur schaffen, sondern auch nutzen und langfristig finanzieren und nicht, wie zum Beispiel im Fall von Pumpak in Sachsen, die Meinung der Experten gar nicht erst einzuholen oder sogar zu ignorieren.
Wir stimmen der Einrichtung eines dauerhaft geförderten nationalen Herdenschutz-Kompetenzzentrums ausdrücklich zu.
Welche Regeln müssen mehr Rechtssicherheit bekommen?
(Definition lt. BFN Skript 502,https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript502.pdf),
Aufgrund vorgenannter Definition können Wölfe, die Menschen gegenüber zudringlich werden, bzw. zumutbare Herdenschutzmaßnahmen überwinden, getötet werden. Alle Managementpläne beinhalten diese Ausnahmeregelungen.
Daher liegt kein Anlass vor, den Schutzstatus des Wolfes in Frage zu stellen. Das Zusammenleben von Mensch und Wolf hängt nicht vom Schutzstatus ab, sondern von der Bereitschaft, die notwendigen Umstrukturierungen zu akzeptieren und umzusetzen.
Was ist notwendig für die Koexistenz von Mensch, Weidetier und Wolf?
Forderung: Die Länder sollten den flächendeckenden Herdenschutz voranbringen, damit Wölfe keine Chance erhalten, sich an Weidetiere als Beute zu gewöhnen.
Ängste der Bevölkerung sind ernst zu nehmen und können durch sachlich fundierte Öffentlichkeitsarbeit aufgefangen werden.
Der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. betreibt seit 14 Jahren Öffentlichkeitsarbeit und kann berichten, dass der weitaus überwiegende Teil der Besucher an unseren Informationsständen, Vorträgen usw. sich über die Rückkehr des Wolfes freut und keine Ängste gegenüber dem Wolf hegt. Sie verfolgen mit Besorgnis den Umgang mit dem Wolf aus Reihen der Politik und Jägerschaften.
Der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. fordert:
Wir befürworten selbstverständlich ein gemeinsame nationale und europäische Anstrengung und gegenseitige Unterstützung bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie zum Schutz des Wolfes.
Sehr hilfreich erachten wir dabei, die gegenseitige Unterstützung beim Herdenschutz und im gleichen Zuge die allgemeine Besserstellung der Weidetierhalter, damit Herdenschutz finanziell, materiell und personell kein Hindernis darstellt.
Ferner möchten wir nicht nur den drei antragstellenden Bundesländern empfehlen, sich mit bereits gut funktionierenden Herdenschutzsystemen, erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeitsstrategien und sonstigen positiven Entwicklungen in Bezug auf Wolf/Mensch/Weidetiere zu beschäftigen und zu orientieren. Hierin liegt der Schlüssel zur Gesamtlösung und nicht in den immer wieder kehrenden Forderungen nach Abschüssen und „wolfsfreien Zonen“.
Wolfsabschüsse und „wolfsfreie Zonen“ tragen nicht dazu bei, Aufwand und Kosten des zu betreibenden Herdenschutzes zu minimieren. Wir bitten eindringlich, diese Fakten nicht zu ignorieren, sondern ehrlich zu benennen!
Die Fokussierung der Öffentlichkeit auf vermeintliche „Lücken“ hilft weder Weidetier, Mensch noch Wolf.“
Inhaltlich Verantwortlich Text
Ralf Hentschel Sonja Betancor Suárez
Vorsitzender
Quelle: Stellungnahme des Freundeskreises freilebender Wölfe zum Antrag der Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen an den Bundesrat. Drucksache 481/18 vom 31.10.2018