„Semper aliquid haeret“ oder „es bleibt immer etwas hängen“ wusste schon der Philosoph Francis Bacon (1561-1626). Sämtliche Formen der üblen Nachrede sind damit gemeint. Auch die Akzeptanz der Wölfe in der Bevölkerung leidet durch die entweder absichtliche oder versehentliche Verbreitung von Fehlinformationen, Fabeln und Fiktionen.
Allein in der letzten Woche waren es mindestens vier Medienbeiträge, die geeignet waren, nicht unmaßgeblich zu einem Imageschaden beizutragen. Und zwar nicht nur zu einem der Wölfe:
- In Bredenfelde (bei Stavenhagen in Mecklenburg Vorpommern) will ein Mädchen bei einem Spaziergang am Dorfrand einen Wolf gesehen und fotografiert haben. Das berichtete Eckhard Kruse am 11. Oktober im Nordkurier. Die Gegendarstellung ließ allerdings nicht lange auf sich warten (*1), hier der Link!
- Am 13. Oktober meldete die Lausitzer Rundschau, dass es eine mysteriöse Wolfsattacke in Elbe-Elster im Sonnewalder Ortsteil Pießig auf einen Hund gegeben haben soll. (*2) Hier gelangen Sie zur Gegendarstellung!
Wenn es nicht gerade Meldungen sind, wie die gerade genannten, die auf Lügengeschichten oder Irrtümer zurückzuführen sind, so reichen oft schon auf Spekulationen beruhende „Nichtmeldungen“, wie zum Beispiel über einzelne tote Rehe (über 1 Million davon werden übrigens jährlich von Menschenhand „zur Strecke gebracht“), um getreu dem Motto „semper aliquid haeret“ dem Ruf von Isegrim zu schaden.
- Oder wie ist es anders zu verstehen, wenn Redakteur Heinz Großnick ein totes Reh auf einem ca. 500 bis 600 Meter vom Ort entfernten Feld im sächsischen Treptitz zum Anlass nimmt, den Landwirten Peter und Martin Hühnlein Gelegenheit zu geben, ihre Bedenken gegen Wölfe öffentlich zu formulieren. Immerhin bestätigte ein „herbeigerufener Jäger“ den Wolfsverdacht, ein genaues Untersuchungsergebnis steht allerdings (noch) aus. (*3) Hier der Link zur Meldung!
- Kaum anders sieht es im niedersächsischen Landkreis Osterholz, in Pennigbüttel aus. Von dort aus meldet Christian Valek vom Osterholzer Kreisblatt, dass Jagdpächter Hans Behrens aus Grasberg davon überzeugt ist, dass dort ein Wolf ein Reh gerissen habe. Dennoch möchte niemand allein anhand eines Fotos eine „Ferndiagnose“ wagen, ergänzt Hans-Jürgen Gieschen, Vorsitzender der Jägerschaft Osterholz, auf Nachfrage des Osterholzer Kreisblatts. (*4) Was also soll diese Meldung dann überhaupt, vor allem, wenn man weiß, dass der Landkreis bereits zur Förderkulisse Herdenschutz gehört, frage ich mich? Hier der Link!
Ich mache diese effektheischenden Medienmeldungen immer mal wieder exemplarisch sichtbar, weil sie flächendeckend überall in den Wolfsländern, aber auch den „Wolfserwartungsländern“ Deutschlands dazu beitragen, dem Image des Beutegreifers einen Bärendienst zu erweisen.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Lange nicht jede Pressemeldung über Wölfe ist falsch. Und ich möchte auch in keinster Weise die Freiheit der Presse bemängeln. Doch auch lange nicht jede Wolfsmeldung entspricht der Wahrheit oder bietet überhaupt irgendeine Erkenntnis. Das dürften die gezeigten Beispiele – allein vier in der letzten Woche – beweisen.
Bleiben Sie, liebe Leserinnen und Leser, aber auch liebe Zeitungsredakteure, also bitte kritisch und skeptisch, wenn Ihnen mal wieder jemand beim Wolf einen Bären aufzubinden versucht!
Denn schon Francis Bacon wusste: Die Erkenntnis „semper aliquid haeret“ kennt nicht nur eine Richtung.
Herzlichst
Ihr
Jürgen Vogler
Quellen:
(*1) Nordkurier, www.nordkurier.de, korrigierter Beitrag vom 11.10.2016 von Eckhard Kruse, vorher: „12-Jährige hat wahrscheinlich Wolf fotografiert“, jetzt: „Auf falscher Fährte – Kein Wolf in Bredenfelde“ abgerufen am 17.10.2016, hier der Link!
(*2) Lausitzer Rundschau, www.lr-online.de, 13. Oktober 2016: „Das Foto-Märchen vom bösen Wolf – Mann aus Elbe-Elster erfindet Geschichte zu angeblichem Wolfsbild auf dem Handy“, abgerufen am 17.10.2016, hier der Link!
(*3) Leipziger Volkszeitung, www.lvz.de, Heinz Großnick am 14. Oktober: „Reh bei Treptitz wahrscheinlich von einem Wolf gerissen“, abgerufen am 17.10.2016, hier der Link!
(*4) Osterholzer Kreisblatt, www.weser-kurier.de, hier der Link!
Jäger entdeckt auffälligen Reh-Kadaver unweit der Beek-Brücke – Verdacht auf Wolfsriss“, abgerufen am 17.10.2016,
Verdacht auf Wolfsriss