Die Rückkehr der Wölfe verläuft erwartungsgemäß nicht ohne Konflikte. Diese sind dort gegenwärtig, wo Erwartungshaltungen endtäuscht oder Interessen konkret berührt werden. Das überrascht nicht weiter, da nahezu alle Menschen eine mentale „Einstellung“ zu den Wölfen haben. Diese Einstellung weist üblicherweise die Funktion auf, Orientierung zu geben, um folglich Dinge richtig einzuschätzen, damit man sich mit ihnen identifizieren oder sie ablehnen kann.
Dieser Orientierungsfunktion entspringen demnach viele Vorurteile aber auch allerhand individuelle Sympathien oder Antipathien. Unsere Grundeinstellung zum Wolf kann dennoch im Nachhinein durch Informationen positiv oder negativ beeinflusst und verändert werden, je nachdem welche Berührungspunkte wir zu Wölfen haben oder eben auch nicht haben. Damit wird nachvollziehbar, warum beispielsweise Schäfer und andere Nutztierhalter eine grundsätzlich andere Einstellung den Wölfen gegenüber zeigen als wir „Ottonormalverbraucher“, denn sie leben tagein und tagaus mit der Gefahr, liebgewordene Tiere an die Wölfe zu verlieren.
Konfliktkreis des Wolfsmanagements
Das aufgezeigte Spannungsfeld ist allerdings nicht das einzige, über das gegenwärtig im Wolfsmanagement in Deutschland viel geschrieben und diskutiert wird. Es gibt weitere Konfliktfelder, die ich einmal – aus Gründen der Übersicht – skizziert und in einer Grafik zusammengestellt habe. Dieses Schaubild bezeichne ich als „Konfliktkreis des Wolfsmanagements“. Konfliktkreis deshalb, weil sich die einzelnen Konfliktfelder und Aspekte gegenseitig beeinflussen.
Ein unzureichendes Monitoring hat zum Beispiel Einfluss auf die Akzeptanz der Wölfe in der Bevölkerung aber auch auf die Diskussion, ob und ab wann Wölfe nach Meinung einiger Protagonisten „kontrolliert“ (bejagt) werden sollten. Darüber hinaus wirkt sich ein lückenhaftes Monitoring darauf aus, ob, wann und in welchen Umfang Herdenschutzmaßnahmen ergriffen werden oder eine Fördergebietskulisse ausgewiesen wird.
Wolfsrückkehr gesellschaftlich relevant
Der Ausgangspunkt meiner Erörterungen besteht in der Einsicht, dass es sich bei der Wolfsrückkehr weder um einen vorwiegend wissenschaftlichen, noch um einen überwiegend wildtierbiologischen oder naturschutzbedingten oder vielleicht sogar um einen rein politischen Prozess handelt.
Es geht bei der Wiederbesiedelung der Wölfe nämlich um nicht weniger als um einen dynamischen Prozess mit gesamtgesellschaftspolitischer Relevanz und weitreichenden Auswirkungen auf viele Gesellschaftsbereiche. Deshalb wird es am Ende nicht ausreichen, wenn sich überwiegend Wissenschaftler, Naturschützer, Nutztierhalter und Politiker in dem Prozess aktiv einbringen. Nein, Bürgernähe wird gefragt, stellvertretend von den Medien eingefordert und am Ende entscheidend sein.
Wer nach den Ereignissen rund um Fukushima realisiert hat, wie schnell politisch eine 180 Grad-Drehung vollzogen werden kann oder sich nach den Terroranschlägen in Paris darüber verwundert die Augen reibt, wie schnell eine Nation zu einer aktiven Kriegspartei werden kann, mag sich leicht ausmalen was passiert, wenn sich in Deutschland wirklich einmal ein wie auch immer gearteter Unfall zwischen einem Wolf und einem Menschen ereignet. Da es eine statistische Wahrscheinlichkeit für einen solchen Vorfall gibt, müssen die Organisationsstrukturen im Wolfsmanagement so konstruiert werden, dass er möglichst verhindert wird.
Deshalb gilt es, die aufgezeigten Konfliktfelder sorgsam zu erörtern und die Probleme auf einer geeigneten Grundlage zu lösen. Die hier aufgeführten Aspekte erfüllen dabei jedoch weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch haben sie in jeder Region Deutschlands dieselbe Relevanz. Sie ermöglichen dennoch auch dem Nichtfachmann einen Überblick und damit einen Einstieg in die aktuelle Diskussion.
Die vier Konfliktfelder
Im Konfliktfeld „Akzeptanz“ sollen die Mechanismen, die dazu führen, dass die zwar bereits beachtliche aber noch labile Akzeptanz dem Wolf gegenüber in der Bevölkerung jederzeit bröckeln kann, beschrieben werden.
Das Thema Jagd ist unverkennbar von gewisser Relevanz. Zumindest wird es von vielen Jägern so gesehen. Aber stimmt das wirklich? Ich werde versuchen, die Frage angemessen zu beantworten.
Ohne Herdenschutzmaßnahmen verführen die Nutztierhalter die Wölfe geradezu, sich problemlos bei ihren Tieren zu bedienen. Wölfe werden ungeschützte Weidetiere als gute Gelegenheit des simplen Beutefangs nutzen und sich entsprechend ausgiebig bedienen. Doch was sind angemessene Präventionsmaßnahmen eigentlich und wie sollte der Schadensersatz nach einem Wolfsübergriff optimal geregelt sein? Dazu gibt es einige „Best-Practices“ in Deutschland, die kurz vorgestellt werden sollen.
Auch unzureichendes Monitoring verschärft die Konflikte. Welche Grenzen haben das wissenschaftliche und welche das fachliche Monitoring? Reichen die vorhandenen Strukturen überhaupt dazu aus, ein aktuelles Mengen- und Verteilungsbild der Wölfe zu zeichnen? Welche Reaktionsoptionen eröffnen die aktuell praktizierten Verfahren? Auch diese Fragen müssen meines Erachtens einmal kritisch thematisiert werden. Es wird sich – so viel vorweg – herausstellen, dass die in Deutschland eingespielten Monitoring-Routinen noch erheblichen Verbesserungsbedarf aufweisen…
Ich würde mich freuen, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, mich bei meinem Streifzug durch die Konfliktfelder des Wolfsmanagements begleiten! Demnächst geht es los…..hier auf Wolfsmonitor…
Fortsetzung folgt!